Umstrittene Gemeinnützigkeit

Ja zum Hundeverein, Nein zum Klimaschutz

Was gilt als gemeinnützig? Kriterien aus den Siebziger Jahren widersprechen dabei aktuellen gesellschaftlichen Strömungen. Während Freizeitvereine als gemeinnützig gelten, kämpfen politische Organisationen mit diesem Status. Jetzt kündigt Bundesfinanzminister Olaf Scholz eine Reform an.

Die Lotterie der Gemeinnützigkeit

Der Staat belohnt diejenigen, die ihm dabei helfen, seine Aufgaben zu erfüllen. Darauf hat das Gemeinnützigkeitsrecht ursprünglich abgezielt. Aber ob dieses Ziel noch erfüllt wird, ist fraglich. Denn als gemeinnützig zählen Tierzuchtclubs, Karnevals- und Kleingärtnervereine oder ein Lobbyverband der Rüstungsindustrie. Dagegen ist es umstritten, ob zivilgesellschaftliche politische Organisationen als gemeinnützig gelten. Zum Beispiel gelten die Bürgerbewegung Attac und die Kampagnenorganisation Campact nicht mehr als gemeinnützig. Außerdem will die CDU der Deutschen Umwelthilfe diesen Status entziehen.

Damit ist im doppelten Sinne unklar, welche Art von Engagement derzeit förderungswürdig ist. Denn nicht bei allen geförderten Organisationen ist die gemeinnützige Orientierung auf den ersten oder zweiten Blick erkennbar.

Das einzig trennscharfe ist, dass eine gemeinnützige Organisation selbst nicht parteipolitisch aktiv sein darf. Sie darf sich also nicht selbst politisch engagieren, zum Beispiel versuchen, in ein Parlament gewählt zu werden, oder andere Parteien finanziell und ideell unterstützen. – Alexander Vielwerth, Jurist für gesellschafts- und steuerrechtliche Fragen

Wie politisch ist zu politisch?

Zum anderen ist derzeit umstritten, in welchem Ausmaß und in welchen Bereichen sich zivilgesellschaftliche Organisationen politisch engagieren dürfen, um noch als gemeinnützig zu gelten. Vor allem geht es darum, allgemein- und parteipolitisches Engagement zu trennen. So begründet der Bundesfinanzhof auch seine Urteile zum Gemeinnützigkeitsstatus von Attac und Campact.

Bezogen auf politisch aktive Organisationen taucht ein weiterer Knackpunkt auf. Denn geschlechter- und klimapolitische Fragen tauchen derzeit nicht in den Kriterien auf, anhand derer über die Gemeinnützigkeit entschieden wird. Doch gerade diese Themen werden derzeit öffentlich groß diskutiert.

Das grundlegende Problem: Die Kriterien, anhand derer der Bundesfinanzhof über den Status der Gemeinnützigkeit einer Organisation entscheidet, stammen noch aus den 70er Jahren. Damals sind ganz andere Themen aktuell gewesen. An dem Status hängen aber steuerrechtliche Vorteile, indem die Körperschaftssteuer entfällt und Spenden steuerlich abgesetzt werden können.

Über die geplante Reform und die Rolle von gemeinnützigen Organisationen spricht detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt mit Alexander Vielwerth, Jurist und Dozent für gesellschafts- und steuerrechtliche Fragen.

Es macht keinen Sinn, sich eine Meinung zu bilden wenn man die nicht an die Politiker und an die Öffentlichkeit bringen darf.Alexander Vielwerth 

Redaktion: Nadja Häse


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