Verbrechen der Colonia Dignidad in Chile

Späte Würde für die Opfer?

Hartmut Hopp, Arzt des berüchtigten Sektenorts Colonia Dignidad, ist von einem Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Die Opfer der Kolonie müssen bis heute um ihre Rechte kämpfen.

Historischer Hintergrund

Siegburg Anfang der 60er Jahre: Dem Jugendbetreuer und Laienprediger Paul Schäfer wird Kindesmissbrauch vorgeworfen. Er flieht mit Anhängern aus Deutschland und baut in Chile eine von der Außenwelt abgeschiedene Kolonie auf. Der Name: Colonia Dignidad, die „Kolonie Würde“, in einem Gebiet so groß wie das Saarland. Hier lebt die Gemeinschaft als Sekte, während es erneut Misshandlungen von Minderjährigen gibt.

In der frühen Phase der Pinochet-Diktatur ab 1973 dient die Kolonie dann als Folterlager für Oppositionelle. Zudem ist sie Operationszentrum des berüchtigten chilenischen Geheimdienstes DINA. Nach der demokratischen Wende 1990 verändern sich aber die Verhältnisse, die Sekte ist nun aufgelöst und einige Verantwortliche sind hinter Gittern. Kolonie-Gründer Schäfer stirbt 2010 in Haft.

Der Ort heißt heute Villa Baviera, ist nun eigentlich eine normale Hotelanlage und ein beliebtes Ausflugsziel für Wochenendtouristen aus der Hauptstadt Santiago. Viele der derzeitigen Angestellten sind aber Opfer von Schäfers Gewaltherrschaft.

Versäumnisse der deutschen Justiz

Deutsche Diplomaten haben die Vorgänge jahrzehntelang ignoriert und auch das Auswärtige Amt hatte vor 2016 keine Akten herausgegeben. Aber ein weiterer bemerkenswerter Fall ist die nun erfolgte Verurteilung von Kolonie-Arzt Hopp, den Chile 2011 wegen Kindesmissbrauchs verurteilt hatte und der seitdem in Deutschland lebt. Einen Interpol-Haftbefehl hatten deutsche Behörden somit ignoriert, bis ein Verfahren in Krefeld nun zur Vollstreckung des chilenischen Urteil führen könnte.

Ansprüche von Opfern der Kolonie sind bis heute jedoch nicht vollständig aufgearbeitet, weshalb der Bundestag jüngst eine Initiative zur Wiedergutmachung verabschiedet hat.

Recherchen in der Colonia Dignidad

Viele haben gesagt, man hat was gewusst, […] man konnte nicht so blind sein. – Heike Tauch, Journalistin

Heike Tauch hat im Jahr 2007 ein Radiofeature über die Kolonie erstellt. Damals hatte es wenig Interesse an einer Aufklärung gegeben. Ein größeres öffentliches Echo brachte der Spielfilm „Colonia Dignidad – Es gibt kein zurück“ aus dem Jahr 2016. Im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Christian Eichler berichtet Tauch von ihren Gesprächen mit Opfern und Bewohnern der Kolonie.

Diese ganzen Vertstrickungen aufzuarbeiten, das wird nochmal interessant.Heike Tauch 

Redaktion: Lars Feyen

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