Was wichtig wird | Martin Schulz, Flüchtlingspakt, Benoît Hamon

Hoffnungsträger und Underdogs

Martin Schulz ist neuer Hoffnungsträger der SPD, Angela Merkel muss zu schwierigen Verhandlungen nach Ankara und mit Benoît Hamon wird in Frankreich ein Underdog sozialistischer Präsidentschaftskandidat. Was diese Woche wichtig wird erklärt Rieke Havertz von ZEIT ONLINE.

SPD: Schulz, übernehmen Sie!

Martin Schulz‘ Kandidatur für den Kanzlerposten hat der SPD offenbar einen Schub gegeben. In den Genossen keimt die Hoffnung auf, im anstehenden Bundestagswahlkampf in der Wählergunst zuzulegen. Bei Schulz‘ erster Rede als offizieller Kanzlerkandidat betont er vor allem die – an sich – sozialdemokratischen Kernkompetenzen: Soziale Gerechtigkeit und Solidarität.

Schulz inszeniert sich derzeit gut als (…) der Gegenkandidat zum Establishment. (…) In seiner Rede gestern hat er eher das ‚Alltagsprogramm‘ der Sozialdemokraten abgespult, mit ganz klassischen Themen: Gerechtigkeit, Lohn, Bildung. Da war noch keine Schulz-spezifische Programmatik. Insofern wird die erste Euphorie auch abflachen. – Rieke Havertz, ZEIT ONLINE

Angela Merkel dagegen muss, bevor sie sich um Herausforderer Schulz kümmern kann, erst einmal die Unterstützung in den eigenen Reihen sichern. Ihr Dauerkritiker Horst Seehofer hat sich nun offen zur Kanzlerkandidatin Merkel bekannt, zu der auch die CSU stehen wolle. Am 5. und 6. Februar soll dann in München der große „Friedensgipfel“ von CDU und CSU stattfinden. Gräben, die beim Thema Flüchtlingspolitik gezogen worden sind, sollen hier wieder zugeschüttet werden, zumindest vorerst.

Ankara: Poker mit Erdogan

Bevor sich Merkel mit der CSU in München für den Wahlkampf fitkuscheln kann, steht erst noch in Ankara ein wichtiger Termin an: Denn die Kanzlerin ist zu Gast beim türkischen Präsidenten Erdogan. Es geht um die Zukunft des EU-Flüchtlingspakts. Gerade erst hat Ankara gedroht, den Pakt aufzulösen, wenn EU-Mitglied Griechenland nicht türkische Soldaten ausliefert, denen von der Erdogan-Regierung eine Beteiligung am Putsch im Juli 2016 vorgeworfen wird.

Besonders problematisch könnte vor diesem Hintergrund auch die Nachricht sein, dass 40 ranghohe türkische Nato-Soldaten in Deutschland Asyl beantragt haben. Ankara verdächtigt die Soldaten, Verbindungen zu Putschisten zu haben. Die Beschuldigten fürchten, bei einer Rückkehr in die Türkei direkt verhaftet und gefoltert zu werden.

Der türkische Verteidigungsminister Isik hat bereits in einer Stellungnahme klar gemacht: Sollten deutsche Behörden dem Asylgesuch der Soldaten nachkommen, sei das „zutiefst inakzeptabel“.

Frankreich: Sozialist Hamon will Präsident werden

Eine Überraschung hat es am Wochenende bei den französischen Sozialisten gegeben. Diese haben nämlich nicht den ehemaligen Premierminister Manuel Valls zum Präsidentschaftskandidaten gewählt, sondern den Parteilinken Benoît Hamon. Hamon war früher mal Bildungsminister und wird als Gegenentwurf zu Valls und dem amtierenden Präsidenten Hollande gesehen. Zu Hamons politischen Zielen zählen ein höherer Mindestlohn, ein bedingungsloses Grundeinkommen und die Aussetzung des CETA-Freihandelsabkommens.

Den Sozialisten ist eine Überraschung geglückt. Gleichzeitig haben sie sich damit vermutlich alle Chancen verspielt, tatsächlich bei der Präsidentschaftwahl überhaupt die erste Runde zu überleben.Rieke Havertz 

Was wichtig wird in dieser Woche, hat uns Rieke Havertz erklärt, Chefin vom Dienst bei ZEIT ONLINE.


Jeden Tag erfahren, was wichtig wird? Dann den Podcast abonnieren oder jederzeit bei iTunes, Spotify und Soundcloud hören.

Redaktion