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Fünf Jahre EU-Türkei-Abkommen: Wie weiter?

Vor fünf Jahren hat die EU mit der Türkei ein Abkommen vereinbart, um Geflüchtete von Mittelmeerinseln in die Türkei zurückzuführen – im Austausch gegen Milliardenhilfen. Seitdem gibt es immer noch menschenunwürdige Lager, Push-Backs und Tote an den EU-Außengrenzen. Muss das Abkommen neu verhandelt werden?

Humanitäre Krise an den Außengrenzen

Fünf Jahre sind vergangen, seitdem das EU-Türkei-Abkommen geschlossen worden ist. Noch immer ist die Situation an den EU-Außengrenzen dramatisch: Unter menschenunwürdigen Bedingungen harren Geflüchtete in provisorischen Lagern aus, während sie monate- oder jahrelang auf eine Entscheidung in ihrem Asylverfahren warten.

Dabei hat die EU im März 2016 mit der der türkischen Regierung ausgehandelt, dass die Asylverfahren schnell durchgeführt und abgewiesene Geflüchtete zurück in die Türkei gebracht werden sollen. Im Gegenzug hat sich die EU bereit erklärt, Hilfszahlungen in Höhe von sechs Milliarden Euro an die Türkei zu leisten, um die dort lebenden Geflüchteten zu unterstützen.

Außerdem haben sich die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, für jeden Geflüchteten, der auf diesem Weg in die Türkei zurückgeführt wird, einen anderen schutzberechtigten Geflüchteten aus der Türkei aufzunehmen.

Wenn wir den Status Quo ändern wollen, dann brauchen wir eine erneuerte und auch vollständig umgesetzte Kooperation mit der Türkei.

Gerald Knaus, hat das EU-Türkei-Abkommen mitentwickelt

Foto: Francesco Scarpa

Abkommen gescheitert?

Der im EU-Türkei-Abkommen vereinbarte Austausch von Geflüchteten zwischen Griechenland und der Türkei ist auch nach fünf Jahren nur selten umgesetzt worden: Seit 2016 sind nur 2000 Menschen aus Griechenland zurück in die Türkei geschickt worden.

Während sich andere EU-Länder der Verantwortung entziehen, trägt Griechenland weiterhin die Hauptlast der Krise. Das sorgt wiederum für Überforderung bei den griechischen Behörden und zieht die Asylverfahren der Geflüchteten in die Länge.

Ich finde, wir können nicht sagen: Das interessiert uns alles nicht und dann nur gucken, wer nach Europa darf. Sondern wir müssen uns auch fragen: Wie kann man Menschen unterstützen, die anderswo hin geflohen sind?

Erik Marquardt, Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament

Foto: privat

Auch die Anerkennung der Türkei als „sicherer Drittstaat“, in den bedenkenlos abgeschoben werden kann, steht in der Kritik. Und nicht zuletzt gibt es immer wieder Berichte über rechtswidrige Push-Backs im Mittelmeer.

Das EU-Türkei-Abkommen hat dafür gesorgt, dass die Menschen auf den Inseln festgesetzt werden. Sie können von dort nicht weiterreisen, sie sollen rückgeführt werden. Aber diese Rückführungen haben in der Praxis nie funktioniert.

Maximilian Pichl, Jurist und Politologe

Foto: privat

Könnte ein neues Abkommen die Situation der Geflüchteten verbessern? Das fragt detektor.fm-Moderatorin Marie Jainta Gerald Knaus vom Thinktank „Europäische Stabilitätsinitiative“, der das EU-Türkei-Abkommen mitentwickelt hat.

Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt erklärt, was sich auf EU-Ebene ändern muss.

Außerdem hat der Jurist und Politologe Maximilian Pichl für die NGO „medico international“ die Studie „Der Moria-Komplex“ herausgegeben und spricht über die Ergebnisse.