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Was kann das neue Lieferkettengesetz?

Wie viel Verantwortung sollen deutsche Unternehmen für ihre Zulieferer tragen? Lange ist darüber gestritten worden, aber nun will die Große Koalition doch noch ein Lieferkettengesetz beschließen. Allerdings steht der neue Entwurf in der Kritik – NGOs sehen bei der Umsetzung noch viel Luft nach oben.

Schutz von Mensch und Umwelt

Sklaverei, Kinderarbeit, Waldrodungen: Wer soll die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung tragen? Um diese Frage geht es bei der Diskussion um das Lieferkettengesetz, das die Bundesregierung nach langen Verhandlungen nun auf den Weg bringen will. Mit einem solchen Gesetz sollen deutsche Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sich ihre internationalen Zulieferbetriebe nicht bestimmte Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten. Laut einer Umfrage von infratest dimap sprechen sich 75 Prozent der Deutschen für ein solches Lieferkettengesetz aus.

Anfang März haben Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zusammen einen Entwurf für ein solches Gesetz vorgelegt. Doch der Kompromiss stößt auf Kritik.

Es ist wichtig, dass eine Einigung stattgefunden hat. Aber eine Verwässerung ist in diesem Gesetzentwurf stark sichtbar geworden und die beruhte auch auf unhaltbaren Argumenten der Gegenseite.

Eva-Maria Reinwald, Expertin für Wirtschaft und Menschenrechte beim Südwind-Institut

Foto: SÜDWIND / Kolja Matzke

Nicht irgendein Lieferkettengesetz

NGOs wie Greenpeace bezeichnen den Gesetzesentwurf als „Schwindel“. Der Hauptkritikpunkt lautet, das Lieferkettengesetz sei so, wie es jetzt ausgehandelt wurde, zu wirtschaftsfreundlich. Die Kritikerinnen und Kritiker fordern, dass die Verantwortung der Unternehmen bis zu den Plantagen, Minen und Feldern reichen müsse, also nicht nur bis zu den unmittelbaren Zulieferern. Außerdem bemängeln sie, dass bis 2024 nur Betriebe mit mindestens 3 000 Mitarbeitenden unter das Gesetz fallen.

Es kann durchaus sein, dass Mitte 2024 eine Anpassung des Anwendungsbereichs erforderlich wird. Für die erste Phase des Gesetzes halten wir es aber durchaus für angemessen, zunächst mit den großen Unternehmen zu beginnen.

Anosha Wahidi, Referatsleiterin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Foto: BMZ

Entwicklungsminister Gerd Müller verteidigt den Entwurf: In keinem anderen europäischen Land gebe es ein Lieferkettengesetz mit so hohen Standards. Ist der Gesetzesentwurf also wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung?

Das fragt detektor.fm-Moderator Yannic Köhler Eva-Maria Reinwald, sie ist Expertin für Wirtschaft und Menschenrechte beim Südwind-Institut und sitzt im Steuerungskreis der Initiative Lieferkettengesetz. Anosha Wahidi ist Referatsleiterin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und hat beim Gesetzesentwurf mitverhandelt.

Redaktion