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Was bedeutet der Nachtragshaushalt für Lindner?

Für seinen ersten Budget-Entwurf als Finanzminister erntet Christian Lindner viel Kritik. Obwohl er neue Schulden vermeiden will, sollen 60 Milliarden Euro Kredite über einen Nachtragshaushalt aufgenommen werden. Die Pläne könnten sogar vor Gericht landen.

Lindner zwischen Wahlkampf und Realpolitik

Eine „finanzpolitische Kapitulation“ hatte FDP-Chef Christian Lindner im Januar 2021 dem damaligen Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vorgeworfen. Dieser hatte damals gefordert, die wegen der Pandemie gestoppte Schuldenbremse auch in den kommenden Jahren weiter auszusetzen.

Nun, ein knappes Jahr später, ist Lindner nicht mehr in der Opposition. Er ist neuer Bundesfinanzminister – und ringt in dieser Position um seine Glaubwürdigkeit. Denn viele werfen ihm vor, mit seinem Budget-Entwurf zum Nachtragshaushalt eben jene Schuldenbremse umgehen zu wollen, die er und seine Partei in den Fokus ihres Wahlkampfes gestellt hatten.

Klima statt Corona: 60 Milliarden Euro sollen umgewidmet werden

Für die Bewältigung der Corona-Pandemie hatte die alte Bundesregierung hunderte Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Jetzt sind 60 Milliarden Euro dieser Kreditermächtigung noch ungenutzt. Lindners Budget-Entwurf sieht vor, die möglichen Kredite tatsächlich aufzunehmen, um die Transformation zu einer weniger klimaschädlichen Wirtschaft zu finanzieren. Wenn die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab 2023 wieder gelten würde, würden die zusätzlichen Milliarden des Nachtragshaushalts nicht mitzählen.

Was ist hier Krise – und was ist eine Folge der Krise? Die ausgebliebenen Klima-Investitionen sind eine Folge der Pandemie. Und diese Pandemie-Folgen können durch eine Schuldenaufnahme angegangen werden.

Prof. Dr. Alexander Thiele, Professor für Öffentliches Recht

Foto: Universität Göttingen

Sind Lindners Pläne verfassungswidrig?

Für sein Vorhaben erntet Lindner viel Kritik. Dabei geht es nicht nur um den Widerspruch zwischen dem FDP-Wahlkampfversprechen, unbedingt an der Schuldenbremse festzuhalten. Es geht vor allem um die Frage, ob sein Vorgehen mit dem Grundgesetz vereinbar ist – oder nicht. Der Bundesrechnungshof etwa nennt in seiner Stellungnahme den Nachtragshaushalt „verfassungsrechtlich zweifelhaft“

Doch Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtler sind sich in dieser Frage uneinig. Das wurde auch bei der ersten öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses des Bundestags am Montag deutlich. Unter den Sachverständigen der Anhörung war auch Prof. Dr. Alexander Thiele. Er lehrt an der Business & Law School Staatstheorie und Öffentliches Recht. Im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Yannic Köhler erklärt er, weshalb Lindners Pläne nach seiner Auffassung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. 

Redaktion