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Wahlkampf ohne Fakten?

Schmutzkampagne, den politischen Gegner durch den Dreck ziehen, Desinformation: Alles bekannte Wahlkampfmittel, die sich unter dem Begriff „Negative Campaigning“ zusammenfassen lassen. Doch welche Folgen hat diese Form des Wahlkampfes?

Schmutzkampagnen

Der Bundestagswahlkampf wird zunehmend mit dem sogenannten „Negative Campaigning“ in Verbindung gebracht. Dabei geht es darum, die Gegnerinnen und Gegner durch gezielte Handlungen in ein schlechtes Licht zu rücken. Diese sogenannten Schmutzkampagnen haben oft nur wenig mit politischen Inhalten zu tun. Stattdessen geht es eher um emotionalisierte Fehler- und Schuldzuweisungen. Ob diese Schmutzkampagnen aber wirklich immer den gewünschten Effekt erzielen, darf zumindest hinterfragt werden, findet der Politikwissenschaftler Dr. Sebastian Jarzebski.

Die Wählerinnen und Wähler sind deutlich klüger, als es der selbstreferentielle Wahlkampfdiskurs oftmals wahrhaben will. Bei Twitter bekommt man ja häufig den Eindruck, dort draußen gäbe es eine manipulierbare Masse, die mit Eifer aufgeklärt gehört. An diesem Bild möchte ich mal vorsichtige Zweifel anmelden.

Sebastian Jarzebski, Politikwissenschaftler & PR-Berater

Foto: neues handeln AG

Welche Rolle spielen Fakten?

Der Wahlkampf ist außerdem durchzogen von Fehlinformationen, die wiederum dem „Negative Campaigning“ dienen. Die Organisation Avaaz erfasste solche Desinformationskampagnen im Bundestagswahlkampf. Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, wurde mit Abstand am häufigsten Opfer von Fake News. Demnach trafen rund 70 Prozent der Fake News-Kampagnen in diesem Bundestagswahlkampf Baerbock und ca. 30 Prozent zielten auf Armin Laschet (CDU) ab. Olaf Scholz (SPD) kam ziemlich gut davon – ihn traf laut der Studie von Avaaz keine dieser Kampagnen (Stand: 06.09.).

Misinformation is a symptome of a broader democratic decline.

Marcus Gilroy-Ware, Medienwissenschaftler & Autor

Foto: privat

Die schiere Menge an Desinformation und Fake News wirft die Frage auf, wie sich der Informationskonsum der Menschen verändert. Sorgt das „Negative Campaigning“ für ein schwindendes Vertrauen in die Wissenschaft? Und welche Folgen hat das Fehlen von Inhalten für den demokratischen Wahlprozess?

Man merkt, dass der Wahlkampf sehr social-media-getrieben ist. Er ist sehr stark personalisiert, ohne dass die Personalien wirklich stark wären.

Gabriela Keller, Journalistin beim Recherchezentrum Correctiv

Foto: privat

Was hinter der vermeintlichen Zunahme von falschen Informationen steckt und was das für zukünftige Wahlkämpfe bedeutet? Darüber spricht detektor.fm-Moderator Jannic Köhler  mit dem Autor des Buches After the Fact? The Truth about Fake News Marcus Gilroy-Ware. Wie sehr es in diesem Wahlkampf wirklich um Inhalte geht, das erklärt die Investigativjournalistin Gabriele Keller vom Recherchezentrum Correctiv.