TTIP | EU-Kommission will Zölle senken

Freihandel mit Ausnahmen

Geleakte TTIP-Dokumente zeigen: Die EU-Kommission will beim Handel 97 Prozent aller Zölle zwischen der EU und den USA senken oder ganz abschaffen. Doch warum gibt es Ausnahmen für einige Branchenriesen und die Landwirtschaft?

Wenn es nach den Plänen der EU-Kommission geht, könnte sich im transatlantischen Handel bald einiges ändern. Grundlage hierfür ist ein Angebot an die USA. Zum Auftakt der zwölften TTIP-Verhandlungsrunde hat die Kommission weitreichende Zollsenkungen vorgeschlagen: Bis zu 97 Prozent aller Zölle sollen sinken oder ganz abgeschafft werden.

Wenn die Firmen diese Kosteneinsparung auch an den Verbraucher weitergeben, dann wird’s auch billiger. Aber da müssen die Firmen natürlich auch liefern. – Justus von Daniels, correctiv.org

Diese Liberalisierungen sollen jedoch nicht für alle Produkte und Branchen gelten. Übergangszeiten von bis zu sieben Jahren gibt es beispielsweise bei Seltenen Erden und hydraulischen Motoren. Auffällig oft betrifft das Produkte, bei denen der Markt von wenigen Unternehmen beherrscht wird – für sie ein klarer Vorteil.

Senkungen der Zölle: Dokumente wurden geleakt

Einige Punkte bleiben umstritten. Die Landwirtschaft konnte ihre Schutzzölle bis jetzt eisern verteidigen. Auch die „geschützte geographische Angabe“ für Lebensmittel gilt bislang als unantastbar. Dies könnte sich nun ändern. Denn Agrarkonzerne aus den USA wollen Getreide und Fleisch nach Europa exportieren – ihre Produkte waren bis jetzt durch die Zölle nicht wettbewerbsfähig.

Im Gegenzug verlangt die Kommission, dass künftig beispielsweise auch europäische Unternehmen amerikanische Autobahnen bauen dürfen. Bis jetzt ist es diesen nicht erlaubt, sich auf öffentliche Aufträge in den USA zu bewerben.

Die Jeans „made in USA“ bald billiger?

Dass die Pläne zur Senkung der Zölle nun öffentlich sind, ist nicht vorgesehen gewesen. Denn die TTIP-Verhandlungen finden im Geheimen statt. Kritisiert wird deswegen immer wieder die mangelnde Transparenz.

Auf Druck wurde ein TTIP-Lesesaal eingerichtet. Hier können ausgewählte Bundestagsabgeordnete die Verhandlungsdokumente einsehen, müssen aber darüber schweigen und dürfen auch keine Kopien machen – Transparenz sieht anders aus. Mit fragwürdigen Methoden soll auch in Erfahrung gebracht werden, wer die geheimen Dokumente geleakt hat.

Heute startet in Brüssel die zwölfte TTIP-Verhandlungsrunde zwischen den USA und der EU. Geleakte Dokumente zeigen, dass gerade über weitreichende Zollsenkungen verhandelt wird. Darüber hat detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf mit Justus von Daniels gesprochen. Er ist Reporter beim Recherchenetzwerk Correctiv.

Wir sind der Meinung, dass man Verhandlungen, die die Gesellschaft als Ganzes betreffen, öffentlich diskutieren können muss.Justus von Daniels 

Redaktion: Sebastian Kränzle