Das erste Konzert, der eine Song aus der Kindheit – beides prägt den Musikgeschmack. Melanie Wald-Fuhrmann forscht zu solchen Schlüsselerlebnissen. Die Musikwissenschaftlerin erzählt, warum es daher nur eine romantische Idee ist, dass eine Musik alle vereint und wo die Tonart Dur nicht mit „fröhlich“ verbunden wird.
Ihre Vorliebe für Klassik ist durch die Eltern gekommen, sagt Melanie Wald-Fuhrmann, weil die sie schon mit zwei Jahren zu Konzerten mitgenommen haben. Ein typischer Fall: Ihr Musikgeschmack wurde zu großen Teilen durch das Elternhaus geprägt. Heute erforscht die Musikwissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik solche Schlüsselerlebnisse. Sie hat sich auf die Musiksoziologie, die die Beziehung zwischen Musik und Gesellschaft untersucht, sowie auf Ästhetik spezialisiert.
Doch wie erforscht man „das Schöne“ und Musikgeschmack? Wald-Fuhrmann führt dafür Befragungen durch und misst zum Beispiel körperliche Reaktionen auf Musik. Herzrate, Hautleitwert, Bewegungen wie Fußwippen – all das untersucht sie. Die weltweite Feldforschung, die zur Zeit etwas erschwert ist, spielt dabei eine große Rolle:
Musikgeschmack ist überhaupt nicht universell: Die Idee einer Musik, die alle Menschen verbindet und alle gleichermaßen berührt, muss Wald-Fuhrmann als reine Romantik abtun. Die Idee führt sie auf die Kolonialisierung zurück. Zum Beispiel würde ein westlich geprägtes Ohr ein trauriges Musikstück aus Ghana kaum erkennen, dort wird nicht in Dur- und Moll-Tonarten unterschieden. Aber auch die Angehörigen derselben Kultur seien sich oft keineswegs einig, welchen emotionalen Ausdruck ein Stück hat.
Lara-Lena Gödde von detektor.fm spricht mit Melanie Wald-Fuhrmann bei „Ach, Mensch!“ über Musikgeschmack und wie er sich bildet, über ihre Arbeit als Musikwissenschaftlerin und wieso die Tonarten Dur und Moll nicht überall fröhlich und traurig bedeuten.