Forschungsquartett | Schönheit in der Wissenschaft

Harmonie und Herrschaft

Was wir schön finden, ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch eine Frage der Genetik. Darüber hinaus spiegelt Schönheit auch Machtverhältnisse wider.

Das Forschungsquartett — dieses Mal in Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft

Schönheit als Machtinstrument

Wenn es um Schönheit geht, denken viele wahrscheinlich an Mode, junge Gesichter oder schlanke Körper. Doch Schönheit ist mehr als eine Bewertung von Äußerlichkeiten — auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit ihr aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Denn was wir schön finden, verrät auch viel über Macht, über unsere Gesellschaft und letztendlich sogar über unsere Genetik.

Die Kunsthistorikerin Dr. Hana Gründler betont, dass Schönheit keine feste Größe ist. Schönheit sei einerseits subjektiv, andererseits aber auch immer historisch und kulturell geprägt.

In dem Sinne würde ich auch sagen, gerade heute ist es wesentlich, über die Vielfalt der Schönheiten im Plural nachzudenken, über die Vielfalt von Schönheitskonzeptionen.

Hana Gründler, Leiterin der Forschungsgruppe "Etho-Ästhetiken des Visuellen" am Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut

Foto: privat

Gerade deshalb sei Schönheit eng mit Macht verknüpft — in autoritären Regimen beispielsweise ist sie oft als Werkzeug benutzt worden. Das sieht man an den idealisierten Körperbildern im Nationalsozialismus oder in der Sowjetunion. Und auch heute lässt sich das beobachten, zum Beispiel in russischer Propaganda. Gründler betont aber zugleich, dass Schönheit nicht immer politisch sein muss. Es gebe auch individuelle Vorlieben, die dann mit Wahrnehmung und Sinnlichkeit zu tun hätten.

Musik ist keine Geschmackssache

Was wir schön finden, ist aber nicht allein eine Frage aus den Kulturwissenschaften — auch in den Naturwissenschaften ist das Thema präsent. So untersucht Neurowissenschaftlerin Dr. Miriam Mosing in Zwillingsstudien, warum Menschen so unterschiedlich auf Musik reagieren. Ihr Ergebnis: Wie sehr und welche Musik wir genießen, hängt zu rund 50 Prozent von unseren Genen ab.

Wir sehen, dass identische Zwillinge sich viel, viel ähnlicher sind in ihrer Musikalität und ihrem Musikgeschmack als nichtidentische Zwillinge, und das, obwohl beide Zwillingspaare jeweils im gleichen Haushalt aufwachsen.

Miriam Mosing, Leiterin der "Behavior Genetics" am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik

Foto: Lilith Boettcher

Über Schönheit in der Wissenschaft sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel und Redakteurin Esther Stephan in der dieser Ausgabe vom „Forschungsquartett“. Welche gesellschaftlichen und politischen Dimensionen Schönheitsideale haben, erklärt die Kunsthistorikerin Dr. Hana Gründler vom Kunsthistorischen Institut in Florenz. Wie Gene und Umwelt unsere Wahrnehmung von Musik prägen, erläutert Dr. Miriam Mosing, Leiterin der Abteilung „Behavior Genetics“ am Max-Planck-Institut für Empirische Ästhetik in Frankfurt am Main.

Wenn euch interessiert, welche Rolle Schönheit in der Wissenschaft noch spielt, dann schaut gerne auch in das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft. Die neue Ausgabe der „MaxPlanckForschung“, könnt ihr hier online abrufen.

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