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Wie lebensnah sollte Schule sein?

Nicht erst seit dem pandemiebedingten Homeschooling wird Kritik am Bildungssystem geübt. Dabei stellt sich auch immer wieder die Frage, ob der Schulunterricht lebensnah genug ist.

Ohne nachzugucken: Wie geht nochmal die Gauß’sche Verteilung? Oder von wem war nochmal das Gedicht „Lied des James Monmouth“? Lange ist’s her, dass man das mal wusste. Es stellt sich also die Frage: Lernt man in der Schule wirklich für’s Leben? Die Antwort darauf ist ungefähr so kompliziert wie ein Gedicht von Schiller.

Steuererklärung oder Satz des Pythagoras?

In verschiedenen Tweets auf der Social-Media-Plattform Twitter wird immer mal wieder über die fehlende Praxisnähe im Schulunterricht diskutiert. Dabei ist auffallend, dass die Kritik vor allem direkt von den Lernenden kommt. Es wird häufig der Wunsch von Schülerinnen und Schülern nach mehr praxisnahem Wissen geäußert. Wenn es nach den Schülern und Schülerinnen gehen würde, sollten künftig Steuererklärung, Mietverhältnisse und Wissen zu Versicherungen auf dem Stundenplan stehen. Denn dadurch würden sich die Lernenden in der Schule besser auf das spätere (Berufs-)Leben vorbereiten können. Aber ist das wirklich so?

Eine hohe Lesefähigkeit hilft mehr, als zu vermitteln, wie das Steuerrecht jetzt gerade ist, weil es sich ja auch ständig verändert. Was mehr hilft, ist zu wissen, wo man sich Hilfe holen kann.

Heinz-Peter Meidinger, Deutscher Lehrerverband

Foto: Deutscher Lehrerverband

„Das neue Lernen heißt Verstehen“

Für den Autor und Neurowissenschaftler Henning Beck ist es wichtig, dass Wissen angewandt wird. Denn erst durch die Anwendung wird Wissen langfristig abgespeichert. Das trifft sowohl auf den Gang von Canossa zu als auch auf die Frage, wie man einen Mietvertrag richtig liest. Henning Beck plädiert deswegen für mehr Aha-Momente und deutlich weniger theoretisches Faktenwissen.

Schule ist Bildung, nicht Ausbildung. Bei Bildung geht es vielmehr darum, aktive Denkfähigkeiten zu schulen. Das funktioniert, indem es eine andere didaktische Aufbereitung gibt.

Henning Beck, Neurowissenschaftler

Foto: Hans Scherhaufer

Ist der Schulunterricht noch lebensnah genug? Darüber spricht detektor.fm-Moderator Lars Feyen mit Heinz-Peter Meidinger. Er ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Der Autor und Neurowissenschaftler Henning Beck erzählt von neuen Lernmethoden und warum Veränderungen beim Lehren hilfreich sein können.

Redaktion