Gesichtserkennung für Werbung in Supermärkten

Spieglein, Spieglein – Wer hat die beste Werbung im ganzen Land?

Es klingt nach einer Szene aus einem Science-Fiction-Film: Man steht an der Kasse, blickt auf eine Werbetafel. Und die Werbung passt sich an jeden neuen Kunden an. In 40 Filialen der Supermarktkette real,- soll das Realität werden. Alarmstufe Rot für den Datenschutz?

Die Suchmaschinen haben schon so manche merkwürdige Werbung auf den Bildschirm gezaubert. Mal sind es Schuhe oder Elektronik, weil man danach gesucht hat. Oft liegt der Algorithmus auch völlig daneben und zaubert einem Regenbogeneinhörner auf den Bildschirm.

Doch auch im analogen Alltag gewinnt diese Form der personalisierten Werbung eine immer größere Bedeutung, besonders im Einzelhandel. Discounter wollen sich die technischen Entwicklungen zunutze machen. Die Supermarktkette real,- hat zu diesem Zweck in 40 Filialen ein Pilotprojekt gestartet.

Werbung: Ein Blick genügt

Blickt ein Kunde auf eine Werbetafel im Kassenbereich, analysiert eine Kamera sein Gesicht. Dabei wird neben Alter und Geschlecht auch ermittelt, wie lange der Kunde auf den Bildschirm schaut. Ziel ist es, Werbung abzuspielen, die zum Kunden passen könnte. Überspitzt gesagt: Steht ein Mann vor der Werbetafel, flimmert Bierwerbung darüber. Steht eine Frau davor, folgt Werbung für Make-Up.

Das ist ähnlich, wie ich online über ein Nutzerverhalten in ein Körbchen einer bestimmten Zielgruppe geworfen werde und dann mit entsprechender Werbung bespielt werde. – Santiago Campillo-Lundbeck, Redakteur beim Werbe-Fachmagazin Horizont

Speichern für 150 Millisekunden

Doch was passiert dann mit den Daten? Die gehen direkt nach Augsburg zur Betreiber-Firma echion AG und dort beginnt dann die Analyse. Spätestens an diesem Punkt sind Datenschützer beunruhigt. Der Kunde wird nämlich nicht explizit auf Videoaufnahmen hingewiesen. Dementsprechend kann er sich auch nicht davor schützen.

Der Konzern hält diese Bedenken für unbegründet. In einer Mittelung heißt es, dass lediglich Metadaten übertragen werden. Die Daten würden außerdem nur für 150 Millisekunden gespeichert. Außerdem reiche der allgemeine Hinweis in Supermärkten „Diese Filliale wird videoüberwacht“ aus rechtlicher Sicht aus, sagt Campillo-Lundbeck.

Gesichtserkennung erst der Anfang?

Das System steht noch am Anfang. Es ist bislang unklar, ob es sich im Einzelhandel etablieren kann. Doch das Interesse an individueller Werbung wird wohl nicht nachlassen. So hat der Software-Konzern SAP kürzlich einen Scanner vorgestellt, der in ein Schaufenster verschiedene Kleidungsstücke projiziert. Abhängig davon, wie der Kunde reagiert, schägt das System eine neue Garderobe.

Wie Gesichtsanalysen im Supermarkt zu beurteilen sind, darüber hat Santiago Campillo-Lundbeck von Horizont mit detektor.fm-Moderator Christian Eichler gesprochen.

In unserem Alltag geben wir viele Daten ohne groß nachzudenken hinaus. Aber sobald wir explizit darauf angesprochen werden, dass wir Daten rausgeben, von denen wir nicht sicher sein können, wie sie verwendet werden, haben wir eine negative Reaktion darauf.Santiago Campillo-Lundbeck  

Redaktion: Charlotte Glück

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