Mission Energiewende | Anti-Atomkraft-Bewegung

50 Jahre Protest-Geschichte(n)

Fast so lange, wie in Deutschland Atomkraft genutzt wird, gibt es auch schon Leute, die dagegen sind: Die Anti-Atomkraft Bewegung ist dieses Jahr 50 Jahre alt geworden. Aber wie hat es eigentlich angefangen mit den Protesten?

Wyhl: Wiege der Anti-Atomkraft-Bewegung

1961 geht in Kahl in Bayern das erste kommerzielle Kernkraftwerk ans Netz. In den 1960er Jahren gelten Atomkraftwerke als sauber und günstig — und als eine umweltfreundliche Möglichkeit, um das Energieproblem zu lösen. Doch ab den 1970er Jahren ändert sich die Stimmung und es gibt erste Proteste gegen die neue Technologie: Wyhl am Kaiserstuhl gilt heute als Wiege der Anti-Atomkraft-Bewegung. In dem Weinbaugebiet soll 1972 ein Atomkraftwerk gebaut werden — und damit sind viele Menschen aus der Umgebung nicht einverstanden. Sie versuchen, den Bau gerichtlich stoppen zu lassen und als das nicht klappt, besetzt eine Gruppe aus Winzerinnen und Bauern spontan den Bauplatz, um die Bauarbeiten zu verhindern. Die Besetzung dauert neun Monate und führt schließlich zu einem vorläufigen Stopp des Baus des Kraftwerks. Offiziell wird das Projektvorhaben des Kraftwerks jedoch erst 1994 für beendet erklärt.

Man muss einen unfassbar langen Atem haben: Bei den Anti-Atomkraft-Protesten geht es um Jahrzehnte.

Susanne Kamien, hat mehr als 20 Jahre gegen Atomkraft im Wendland protestiert

Foto: Frank Borchert

50 Jahre und der Protest geht weiter

Nach den Protesten in Wyhl ging es in ganz Deutschland weiter. Unter anderem in Gorleben, Brokdorf und Wackersdorf protestieren Menschen gegen die zivile Nutzung von Atomkraft – und das mit ganz unterschiedlichen Mitteln: Sie demonstrieren, versuchen Castor-Transporte mit Sitzstreiks aufzuhalten oder gehen gerichtlich gegen Atomkraftwerke vor.

Genehmigungsverfahren waren für die Anti-Atomkraft-Bewegung ein starker Hebel, um den Bau von Atomkraftwerken zu verzögern, um einfach mehr Arbeit zu machen.

Janine Gaumer, Historikerin

Foto: privat

2022 ist die Anti-Atomkraft-Bewegung 50 Jahre alt geworden. Eigentlich wollten die Atomkraftgegner und -gegnerinnen ihre Erfolge der letzten Jahrzehnte groß feiern. Dafür hatte die Initiative „ausgestrahlt”“ zu einer Fahrradtour eingeladen — über mehr als 1.000 Kilometer Strecke. Die Tour ist ursprünglich als eine Art Triumphzug gedacht gewesen, um den Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft zu feiern. Dann ist sie zu einer Protest-Tour gegen die Laufzeit-Verlängerungen geworden.

Die Anti-Atomkraft-Bewegung hat unser Wertesystem verändert.

Astrid Mignon Kirchhof, Historikerin

Foto: Jacqueline Wiesner

In der ersten Folge unserer Sonderreihe zum Thema Atomenergie ging es um die Rolle, die Emotionen in den Debatten rund um die Kernenergie spielen. In der zweiten Folge sprechen detektor.fm-Moderatorin Ina Lebedjew und detektor.fm-Redakteurin Alea Rentmeister über die Geschichte der Anti-Atomkraft-Bewegung. Die Historikerin Astrid Mignon Kirchhof erzählt, wie die Anti-Atomkraft-Bewegung überhaupt entstanden ist. Janine Gaumer, ebenfalls Historikerin, spricht über die Proteste im bayrischen Wackersdorf in den 1980er Jahren. Und die Aktivistin Susanne Kamien hat selbst mehr als 20 Jahre lang gegen Atomkraft im Wendland protestiert und berichtet von ihren Erfahrungen.

Moderation