Monopol-Podcast | Neue Sachlichkeit

Zynisch, ironisch und kalt

Mit schonungslosem Blick haben die Künstlerinnen und Künstler der Neuen Sachlichkeit ihre Welt in Bildern festgehalten. Ein Blick 100 Jahre zurück.

Direkt und schonungslos

Es ist ein Blick, der bis ins Innerste geht, durchdringt, kalt ist, ein wenig ironisch und mit einer gehörigen Portion Zynismus versehen — die Künstlerinnern und Künstler der Neuen Sachlichkeit haben in ihren Bildern niemanden verschont und am wenigsten sich selbst. Gezeichnet von den Schrecken des Ersten Weltkrieges zeigen Gemälde wie „Maika“ (1929) von Christian Schad, „Rothaarige Frau (Damenporträt)“ (1931) von Otto Dix oder das Selbstbildnis (1926) von Jeanne Mammen eine urbane Gesellschaft, die müde ist, traumatisiert und desillusioniert. Die Schrecken des Ersten Weltkrieges lassen keine verspielten Farben, keine Abstraktion mehr zu — nur kalten Realismus.

Die Kunst selber war eher reaktionär. Sie brachte wieder die Abbildung der Figur ins Spiel, die Realität. Eigentlich war das ein Rückschritt, wenn man das nur von der formalen Ebene sieht.

Monopol-Autor Oliver Koerner von Gustorf

Foto: Privat

Für diese Gesichter hat der Kulturwissenschaftler und Germanist Helmut Lethen in seinem Essay „Verhaltenslehren der Kälte. Lebensversuche zwischen den Kriegen“ den Begriff der „kalten persona“ formuliert. 

Berlin — im Herzen der Moderne

Die 1920er-Jahre in Berlin: Kriegsheimkehrer, Traumatisierte, geschundene Seelen, junge moderne Frauen, Prostituierte, Künstlerinnen und Künstler — es ist eine Zeit, in der Extreme aufeinanderprallen. Die junge Demokratie versucht sich gegen die zunehmende Radikalisierung zu behaupten und verliert 1933 gegen Adolf Hitler und die Nationalsozialisten. Die Werke der Neuen Sachlichkeit werden geächtet, einige der Künstlerinnern und Künstler versuchen sich der neuen politischen Ordnung anzupassen. Einigen gelingt es auch. Zum Beispiel dem Maler Rudolf Schlichter, erzählt Elke Buhr im Podcast.

Ein Maler, der von links außen nach rechts außen den Weg gemacht hat und später Ernst-Jünger-Bücher mit sehr blutigen Malereien bestückt hat.

Elke Buhr, Chefredakteurin des Monopol-Magazins

Foto: Monopol

Vor etwa 100 Jahren prägte der Kurator und Museumsdirektor Gustav Friedrich Hartlaub mit der Ausstellung „Die Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ die sogenannte Neue Sachlichkeit. Was für eine Kunstrichtung das ist und welche Parallelen sich ins Heute ziehen lassen, darüber spricht in dieser Folge von „Kunst und Leben“, dem Podcast in Kooperation mit dem Monopol-Magazin, detektor.fm-Moderatorin Aileen Wrozyna mit Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr und ihrem Kollegen und Autor Oliver Koerner von Gustorf. Anlässlich des Jubiläums zeigt die Kunsthalle Mannheim eine kritische Version der historischen Ausstellung