Saitenwechsel: Two Play To Play

Martin Kohlstedt trifft auf GewandhausChor

Martin Kohlstedt, Experimentalpianist und Freigeist, macht gemeinsame Sache mit dem klassischen GewandhausChor unter der Leitung von Gregor Meyer. Eine Versuchsanordnung, die musikalisch viel verspricht und transparent dokumentiert wird, öffentliche Proben inklusive. Ein Blick hinter die Kulissen.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

„Einfach durch das Stück gehen und gucken, was passiert“, solche Sätze fallen in Gregor Meyers Chorproben normalerweise nicht. Der Grund für die intuitive Herangehensweise heißt „Two Play To Play“ – ein Projekt, bei dem Gregor Meyer und sein klassischer GewandhausChor auf den experimentellen Pianisten Martin Kohlstedt treffen.

Eine neue Dimension

Martin Kohlstedt bringt seit 2012 Solopiano-Alben raus. Live kombiniert er seine emotionalen Pianomelodien mit ausufernden Synthesizer-Experimenten. Damit begeistert er ein immer größer werdendes Publikum und findet auf den unterschiedlichsten Bühnen statt: von der Elbphilharmonie über das Haldern-Pop-Festival bis zum Berghain. Nun also das Gewandhaus mitsamt Chor. Für den Eigenbrötler und Freigeist Martin Kohlstedt eine komplett neue Erfahrung.

Wenn der Chor in ein Stück einsteigt, was du immer allein gespielt hast, verleiht das der Sache so eine Stärke. Ich fühle mich, als hätte ich eine Armee im Rücken. Da setzen auf einmal 70 Stimmen ein. Als hätte man eine neue Dimension geöffnet. Eine ganz neue Macht, die Dinge auszudrücken. Das ist schon faszinierend.Martin Kohlstedt 

Unsicherheit ist in Ordnung

Die Ideen für Two Play To Play entwickelt Kohlstedt zusammen mit Chorleiter Gregor Meyer. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und doch treffen hier Welten aufeinander. Auf der einen Seite der experimentierfreudige, sich in einer freien Szene bewegende Pianist, auf der anderen Seite der Chorleiter, dessen Arbeitsumfeld vermutlich um einiges strukturierter und geplanter ist.

Wenn man eine große Menschengruppe führt, muss man klare Ansagen machen, sonst bringt man Unsicherheit in die Gruppe. Hier sehe ich aber einen großen Mehrwert für unsere Arbeit im Chor, dass wir uns bewusst darauf einlassen, Unsicherheit zu leben und zu sagen: das ist total in Ordnung.Gregor Meyer 

Spontane Einsätze

Two Play To Play lebt von der Freiheit, die dieses Projekt mit sich bringt. Teilweise haben Martin Kohlstedt und Gregor Meyer nur Minutenanteile auf ein Blatt geschrieben und Anweisungen, was in diesen Minuten grob passiert. Sie hangeln sich von Insel zu Insel, halten viele Sachen offen und entscheiden nur ein paar grundsätzliche Dinge.

Es gibt einzelne Patterns, die einstudiert sind. Aber wann genau die zum Einsatz kommen, wird relativ spontan sein. Das ist auf jeden Fall ganz anders als wir sonst arbeiten. Wir müssen bis zum Ende offen bleiben und sehr aufmerksam sein, wann unser Einsatz kommt und welcher Einsatz das jetzt ist.Tirza Härer 

Ein Konzerthaus, das sich öffnet für Dinge, die außerhalb von Mozart, Beethoven und Brahms passieren – das ist eines der Ziele von Two Play To Play. Und der Clou ist: man wird nicht nur mit dem Ergebnis konfrontiert, sondern kann miterleben, was hinter den Kulissen passiert. Die Entstehung der Musik wird transparent gemacht, u.a. mit öffentlichen Proben.

Two Play To Play nimmt so langsam Formen an. Die nächsten öffentlichen Proben stehen vor der Tür, bis zur Uraufführung sind noch ein paar Monate Zeit. Aber schon jetzt kann man festhalten, dass das Experiment ein äußerst spannendes ist. Zwei Welten erkunden zusammen neues Terrain, das sie aus eigener Kraft nicht erreicht hätten. Der GewandhausChor, Gregor Meyer, Martin Kohlstedt – It’s a match!

Two Play To Play in Bildern

Redaktion