detectiv – die Recherche-Serie | Innenministerium muss 15.000 Euro für IFG-Anfrage zurückzahlen

Aus eins mach 66?

Zwei Journalisten haben vor den Olympischen Spielen 2012 beim Innenministerium Einsicht in die Akten der Deutschen Sportförderung beantragt. Dort wollte man 15.000 Euro dafür haben – zu Unrecht, wie nun nach 5 Jahren Rechtsstreit das Bundesverwaltungsgericht urteilte. Daniel Drepper, einer der beiden Kläger, erklärt, warum.

Wie viel ist das Informationsfreiheit eigentlich wert? Bei Recherchen zur Sportförderung vor den Olympischen Spiele 2012 in London wollten die beiden Journalisten Daniel Drepper und Niklas Schenk sich das System der Sportförderung einmal genauer ansehen. Dazu hatten sie vom Innenministerium Informationen angefordert. Ihnen wurde daraufhin zwar Einblick in die Unterlagen gewährt. Gleichzeitig aber erhielten sie eine Rechnung – in Höhe von 15.000 Euro.

Damit hatten die Rechercheure nicht gerechnet, gilt in Deutschland für derlei Anfragen doch eine Obergrenze von 500,- Euro. Das Ministerium allerdings hatte die Anfrage eigenmächtig in 66 einzelne Anfragen gesplittet – und jeden Vorgang einzeln berechnet.

Dagegen haben die beiden Journalisten geklagt und, nach 5 Jahren, auch in letzter Instanz. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte: eine solche Aufsplittung sei nicht zulässig, habe eine abschreckende Wirkung und widerspreche damit dem Ansinnen des Informationsfreiheitsgesetztes.

Informationsfreiheitsgesetz kostet

Drepper und Schenk hatten die Kosten von 15.000 Euro zuerst selbst gezahlt. Dieses Geld erhalten sie nun zurück. Und sie haben mit der Klage gegen das Innenministerium einen Präzedenzfall geschaffen.

Unterstützt wurden sie dabei vom Deutschen Journalistenverband, denn auch dessen Ziel war es, zu vermeiden, dass andere Journalisten vor IFG-Anträgen aus Sorge vor zu hohen Bearbeitungskosten zurückschrecken.

Bevor dieses Urteil nun vom Bundesverwaltungsgericht gefällt wurde, mussten die beiden Investigativ-Journalisten fast 15.000 Euro an das Bundesinnenministerium überweisen und über 5 Jahre durch die Gerichts-Instanzen gehen. Sowohl das Verwaltungsgerich als auch Oberverwaltungsgericht Berlin hatten beiden Recht gegeben. Das Innenministerium hat jedoch beide Male Revision eingelegt.

Welche Folgen das Urteil haben kann, das hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit Daniel Drepper von correctiv.org besprochen.

500 Euro ist die maximale Grenze für eine Anfrage. Man muss sich demnächst nicht mehr davor fürchten, mit horrenden Summen abgestraft zu werden.Daniel Drepper 
detectiv - correctiv.org gewinnt Prozess zum Informationsfreiheitsgesetzhttps://detektor.fm/wp-content/uploads/2016/10/detectiv-prozess-informationsfreiheitsgesetz_web.mp3

Hintergrund: Recherche zur Verteilung von Steuergeld im deutschen Sport

Die beiden Journalisten hatten bereits 2012 kurz vor den Olympischen Spielen in London über die Verteilung von Steuergeldern im deutschen Sport recherchiert. Vom zuständigen Bundesinnenministerium wollten sie wissen, wie die Medaillienvorgaben für die Olympischen Spiele in London und Sotchi waren.

Ihr Ziel war es, anhand dieser bis dahin geheimen Zielvorgaben zu erfahren, wie viel Steuermittel das Innenministerium an einzelne Sportverbände auszahlt. Um an die benötigten Informationen zu kommen, hatten die beide Journalisten über das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Einblicke in die Originaldokumente beantragt. Für ihre Recherchen bekamen die beiden Journalisten 2013 den zweiten Preis des Wächterpreis der Tagespresse.

Was ist eine IFG-Anfrage?

Mit dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) kann jedermann Informationen von Ämtern und Behörden beantragen. Journalisten können damit leichter Korruption und Amtsmissbrauch aufdecken. Personenbezogene Daten und geistiges Eigentum sind weiterhin geschützt und können nicht „erfragt“ werden. Die Behörden können dann die Informationen mündlich, telefonisch oder schriftlich übermitteln.


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