EU will Balkanroute schließen

Idomeni – Das Nadelöhr nach Europa

Die EU berät mit der Türkei darüber, Flüchtlinge schon vor ihrer Einreise in die EU zu stoppen. Während immer mehr Staaten Kontingente einführen oder die Grenzen ganz schließen, sitzen im griechischen Idomeni 13.000 Menschen fest.

Idomeni steht für den zukünftigen Umgang mit Flüchtlingen

Idomeni ist zum Symbol geworden. Für Konservative ist es die letzte Gelegenheit, Europa für weitere Flüchtlinge dicht zu machen. Für Geflüchtete und ihre Unterstützer bedeutet Idomeni jedoch: Wird die Balkanroute weiter existieren oder schottet sich Kerneuropa ab?

Diese Frage wird auch beim heutigen EU-Türkei-Gipfel in Brüssel zentral sein. Denn einige Regierungschefs fordern die komplette Schließung der Balkanroute. Angela Merkel dementiert dies, doch im Entwurf für die Abschlusserklärung wurde bereits im Vorfeld das Ziel des Gipfels formuliert.

Guten Morgen! Die #EU will bei ihrem heutigen Krisengipfel in Brüssel die #Balkanroute für geschlossen erklären. https://t.co/mi5HXN4Zzh

— FAZ.NET (@faznet) 7. März 2016

„Diese Route ist jetzt geschlossen.“

Zentral bei diesen Bemühungen ist die Türkei, da sämtliche Fluchtrouten über das Land laufen. Die EU erwartet deshalb, dass das Land am Bosporus viele Flüchtlinge davon abhält, überhaupt nach Europa zu gelangen. Die türkische Regierung soll deshalb Schlepperbanden bekämpfen und abgeschobene Geflüchtete aus Europa wieder aufnehmen. Im Gegenzug soll die Türkei Milliardenhilfen erhalten und der EU-Mitgliedschaft einen Schritt näherkommen.

Unabhängig vom diplomatischen Ringen in Brüssel kommen weiterhin jeden Tag tausende Menschen in Griechenland an. Doch von ihnen können nur wenige Hundert ihren Weg Richtung Westeuropa fortsetzen, denn die sogenannte Balkanroute wird nach und nach dichtgemacht.

Das bedeutet, dass die Leute in die Illegalität getrieben werden, dass sie Schleppern in die Hände fallen und dass sie immer gefährlichere Routen nehmen müssen. – Ronja, Aktivistin

Domino-Effekt verlagert Probleme an die Außengrenzen

Nach der Obergrenze in Österreich haben weitere Staaten ihre Grenzen ganz oder teilweise geschlossen. Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien geben nur noch Tageskontingente für die Durchreise aus. Ungarn mauert komplett. Geflüchtete aus Afghanistan werden von vielen Ländern kategorisch abgewiesen. Die Folge: Es kommt zu einem gewaltigen Stau direkt an der mazedonischen Grenze – und das griechische Dorf Idomeni wird zum Nadelöhr auf dem Weg nach Europa.

Die Leute hier werden nicht einfach in ihren Zelten rumsitzen und darauf warten, dass die EU über ihr Leben entscheidet, sondern das selbst in die Hand nehmen. Das bedeutet dann wahrscheinlich auch, dass Menschen sich bewegen und nach anderen Routen suchen werden. – Aktivistin Ronja

In Berichten dominieren die Bilder von nassen Zelten, überfüllten Suppenküchen und Menschen, die versuchen, sich irgendwie warmzuhalten. Doch das Mitleid der Kanzlerin scheint zu schwinden. Sie erklärt: Wer vor Bomben auf Aleppo fliehe oder vor den Mördern des „Islamischen Staates“, den könnten auch die schwierigen Umstände in Griechenland nicht schrecken.

Welche Stimmung in Idomeni während des EU-Gipfels herrscht, darüber hat detektor.fm-Moderatorin Karolin Döhne mit Aktivistin Ronja von „Travelling Bureau“ gesprochen. Die Göttinger Gruppe ist seit zwei Wochen in Idomeni und verteilt vor Ort Sachspenden und dokumentiert die Geschehnisse auf ihrem Blog.

Flüchtlinge in Idomeni | EU will Balkanroute schließenhttps://detektor.fm/wp-content/uploads/2016/03/idomeni-balkanroute_web.mp3

Redaktion: Sebastian Kränzle