Abgelehnter Kodex für Hilfsorganisationen im Mittelmeer

Italien und NGOs im Streit

Die Hilfsorganisationen im Mittelmeer wollen den von Italien vorgeschlagenen Kodex nicht unterschreiben. Beide Seiten beschuldigen sich, bestehendes Völkerrecht zu brechen.

Der Vorwurf: Retter helfen Schleppern

Ende Februar äußert Frontex-Chef Fabrice Leggeri Bedenken gegenüber privater Seenotrettung im Mittelmeer. Die NGOs würden durch ihre Hilfestellung zunehmend Menschen ermutigen, über den Seeweg nach Europa zu flüchten. Im April geht dann ein sizilianischer Staatsanwalt mit dieser Vermutung an die Presse und eine Diskussion entbrennt. Er spricht davon, dass Rettungsboote sich mit Schleppern telefonisch verständigen und anschließend zu einer „Übergabe“ treffen. Das wären klare Verstöße gegen das internationale Seerecht.

Lösung: Kodex auf Mittelmeer

Mittlerweile widerlegen mehrere Untersuchungen diese Vorwürfe – unter anderem eine Studie aus Oxford. Aus dieser geht hervor, dass sich auch im Winter Menschen auf die Flucht begeben haben, als weniger Rettungsboote auf dem Meer waren. Und das, obwohl der Meerweg im Winter deutlich gefährlicher ist.

Trotzdem bleiben die Bedenken der italienischen Regierung bestehen. Das Land ist mit der Zahl der ankommenden Menschen längst überlastet. Ein Verhaltenskodex für die privaten Seenotretter sollte Abhilfe schaffen. Das klingt erstmal logisch. Aber viele der Regeln sind schon längst vom internationalen Seerecht vorgegeben.

Für die Hilfsorganisationen ist es beispielsweise selbstverständlich, die Ortungsgeräte stets angeschaltet zu lassen und nicht in libysches Hoheitsgewässer einzudringen. Neu sollte nun die Regel sein, dass Gerettete nicht auf Schiffe größerer Organisationen übergeben werden dürfen. Stattdessen müsste jede Organisation selbst die Geflüchteten zu den italienischen Häfen bringen.

Die Frage: Trifft es die Richtigen?

Bei einem Treffen im Innenministerium in Rom haben sich NGOs und italienische Regierungsbeamte getroffen. Doch der vorgestellte Kodex traf bei den Organisationen  auf Unverständnis. Sie fühlten sich angegriffen und befürchteten, in ihrer Arbeit eingeschränkt zu werden. Bis Freitag hatten sie Zeit, Änderungsvorschläge einzureichen. SeaWatch wird die Regelungen rechtlich prüfen lassen.

Gestern in Rom wurde uns mitgeteilt, dass sich das eigentlich gegen die anderen Mitgliedsstaaten der EU richtet, dass die aufgefordert werden sollen, mehr zu machen. – Axel Grafmanns, Geschäftsführer von SeaWatch

Inzwischen haben die Hilfsorganisationen den Kodex abgelehnt. Axel Grafmanns von der Hilfsorganisation Seatwach und Jörg Bremer, Auslandskorrespondent der FAZ berichten über die aktuelle Lage.

Die Politik der Europäischen Union im Mittelmeer ist die eigentliche Katastrophe und die gilt es anzuprangern.Axel Grafmanns 

Redaktion