Nach der Kohle | Folge 7

Let’s Talk About Strukturwandel

Katrin Jarczewski sorgt sich um den vielen Müll in ihrer Region. Im Bürgerbeirat „Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier“ kämpft sie dafür, dass es bei dem Thema nach der Kohle besser läuft.

Im Bürgerbeirat gegen den Müll

Katrin Jarczewski will die Zukunft in Sachsen-Anhalt mitgestalten. Und schaut dabei besonders auf ein Thema, dass beim Strukturwandel sonst nur selten in den Blick genommen wird. Denn schon seit ihrer Jugend sorgt sich Katrin um das Müllproblem in ihrer Region. Sie war Teenagerin, als mit dem Mauerfall der Kapitalismus kam — und mit ihm die Wegwerfgesellschaft. Heute hat sie den Eindruck: Die Mülldeponien im Mitteldeutschen Revier werden seit Jahren größer.

Unsere Waschmaschinen in der DDR hielten lebenslang, sie konnten immer wieder repariert werden. Heute ist es so, dass man eine kaputte Waschmaschine wegschmeißt und eine neue kauft — das gab’s damals nicht.

Katrin Jarczewski

Foto: detektor.fm

Als Katrin in der Zeitung von einem neuen Bürgerbeirat zum Strukturwandel liest, bewirbt sie sich — und wird am Ende per Los ausgewählt. Insgesamt zwanzig Bürgerinnen und Bürger aus Sachsen-Anhalt treffen sich nun viermal im Jahr, um gemeinsam über den Strukturwandel zu diskutieren. Katrin will sich dafür einsetzen, dass bei den Veränderungen im Mitteldeutschen Revier nicht nur an Arbeitsplätze gedacht wird, sondern auch an die Natur.

Wenn da was passiert, soll es auch möglichst grün sein.

Katrin Jarczewski

Mitreden statt Mitentscheiden

Eigentlich ist das eine gute Geschichte: Katrin Jarczewski tut genau das, was die Kohlekommission für sie vorgesehen hat. Denn die empfahl in ihrem Abschlussbericht 2019, dass die Menschen vor Ort den Strukturwandel selbst gestalten sollten, damit der soziale Zusammenhalt in den Kohlerevieren gestärkt werde. Das Problem ist nur: Der Bürgerbeirat, in dem Katrin Jarczewski nun sitzt, darf selbst keine Entscheidungen treffen. Er kann lediglich beraten, etwa wenn es um die Vergabe von Strukturfördermitteln geht. Kann Bürgerbeteiligung so wirklich funktionieren?

Felix Schiedlowski forscht an der Uni Halle zu Beteiligungsformaten zum Thema Strukturwandel. Es sagt: Im Gegensatz zum Strukturbruch der Neunziger Jahre habe die Politik der Bevölkerung in den ostdeutsche Kohlegebieten von Anfang an signalisieren wollen, dass ihre Beteiligung bei diesem Wandel erwünscht ist.

Man hat gesagt: Dieser Wandel wird anders. Diesmal nehmen wir die Menschen mit, diesmal bricht es nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, diesmal werden rationale Entscheidungen getroffen. Die Bürgerinnen und Bürger werden gehört.

Felix Schiedlowski, Ethnologe am Zentrum für Interdisziplinäre Regionalstudien der Uni Halle

Foto: detektor.fm

In der siebten Folge von „Nach der Kohle“ trifft detektor.fm-Redakteurin Joana Voss Katrin Jarczewski, die sich im Bürgerbeirat „Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier“ für mehr Nachhaltigkeit engagiert. Mit dem Ethnologen Felix Schiedlowski spricht sie über die Vor- und Nachteile der Beteiligungsformate, die im Mitteldeutschen Revier entwickelt wurden.

„Nach der Kohle“ ist eine zwölfteilige Reportage-Serie vom Podcast-Radio detektor.fm. Neue Folgen erscheinen immer samstags. Der Podcast wird gefördert von der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Alle Folgen gibt es hier bei detektor.fm und unter anderem bei Amazon Music, Apple Podcasts, RTL+ und Spotify.

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