Sexualstrafrecht: Ist eine Verschärfung nötig?

„Man sollte nichts an den Gesetzen ändern“

Aus den Vorfällen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht sollen Konsequenzen folgen. Der Justizminister hat angekündigt, das Sexualstrafrecht zu verschärfen. Eine Rechtswissenschaftlerin und ein Richter am Bundesgerichtshof widersprechen – es braucht keine schärferen Gesetze.

Sexualstrafrecht mit Problemen?

Die Vorfälle in Köln haben nun schon einige Reaktionen hervorgebracht. Die Forderung nach einer gründlichen Aufklärung ist noch eine der nachvollziehbarsten. Bundeskanzlerin Merkel denkt über schnellere Abschiebungen und härtere Strafen gegen kriminelle Ausländer nach. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker empfiehlt, eine Armlänge Abstand zu fremden Männern zu halten.

Bundesjustizminister Maas kündigt eine Verschärfung des Sexualstrafrechts an. Das Sexualstrafrecht ist in den letzten Jahren immer wieder in der Debatte. Doch muss es wirklich reformiert werden?

An den Gesetzen sollte man besser nichts machen oder höchstens ganz kleine kosmetische Veränderungen für diejenigen, die meinen, sie müssten Gesetze besonders unsinnig auslegen. – Monika Frommel, Rechtswissenschaftlerin

Ursachen bekämpfen

Doch werden immer wieder Stimmen aus der Politik laut, welche ein strengeres Sexualstrafrechts fordern. Auch eine Mehrheit von Frauennetzwerken und Verbänden fordert das.

Für die Rechtswissenschaftlerin Monika Frommel liegt das Problem nicht in den Gesetzen, für die Gerichte sei bei Vergewaltigungen vor allem Beweisbarkeit schwierig. Die rechtliche Situation in Deutschland sei gar nicht so schlecht. Würde man das Sexualstrafrecht verschärfen, wäre das Gesetz weniger greifbar und die Prozesse würden nur noch komplizierter werden.

Über das Sexualstrafrecht hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit Monika Frommel gesprochen. Sie ist Rechtswissenschaftlerin und ehemalige Direktorin für Sanktionsrecht und Kriminologie an der Universität Kiel.

Die Forderung nach einem schärferen Sexualstrafrecht beobachte ich seit fünfzehn Jahren. Die Probleme, die Gerichte bei Vergewaltigungsprozessen zu lösen haben, kann man nicht mit einer Reform nach Laien-Art lösen.Monika Frommel 

Auch der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer ist dieser Ansicht. Auch er sieht keine Notwendigkeit, das Strafrecht vor dem Hintergrund der Silvesternacht in Köln zu verschärfen.

Ich persönlich meine, dass die derzeit vorgeschlagenen Änderungen auf der Tatbestandsebene – also die Ausweitung der Strafbarkeitsgrenzen – überflüssig ist. Es gibt keinen mir bekannten Sachverhalt aus Köln, der nicht heute schon strafbar wäre.Thomas Fischer 

Redaktion: René Tauschke