Volksentscheid in Mecklenburg-Vorpommern

Will das Volk nicht entscheiden?

In Mecklenburg-Vorpommern bleibt alles beim Alten, zumindest beim Thema Strukturreform der Gerichte. Dabei sah es gut für die Gegner der neuen Aufteilung der Gerichte. Aber die Bürger Mecklenburg-Vorpommerns haben sich passiv für die von der Landesregierung geplanten Reform ausgesprochen. Denn die Wahlbeteiligung war einfach zu gering. Stellt das Volksentscheide generell in Frage?

Der Richterbund Mecklenburg-Vorpommern und der Juristen-Verein Pro Justiz Mecklenburg Vorpommern haben ein Volksbegehren gegen die von der Landesregierung beschlossene Gerichtsstrukturreform initiiert. Die schwarz-rote Landesregierung will von 21 Amtsgerichten fünf schließen und sechs in Außenstellen umwandeln. Erste Schließungen von Standorten hat es bereits gegeben. Die Juristenvertreter kritisieren, dass mit der Reform die größten Amtsgerichtsbezirke Deutschlands entstünden und den Bürgern damit zu weite Wege zu den Gerichten zugemutet würden. Außerdem seien die Einsparungen zu gering, als dass sie die Neustrukturierung rechtfertigen würden.

Die Initiatoren hatten mehr als die nötigen 120.000 Unterschriften gesammelt und deshalb musste sich der Landtag mit dem Volksbegehren auseinandersetzen. Weil der Landtag das Begehren ablehnte, kam es am Wochenende zum Volksentscheid und der fiel anders aus als von vielen erwartet: Denn die Wahlbeteiligung lag bei unter 25 Prozent. Für einen Sieg der Kritiker aus der Justiz wären ein Drittel Ja-Stimmen aller Wahlberechtigten nötig gewesen. Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern haben sich also mehr oder weniger passiv für die Reform der Regierung entschieden.

Mehr Demokratie durch Abstimmungen?

Volksentscheide auf Länderebene sind keine Seltenheit. Die Berliner haben beispielsweise gegen die Bebauung des Tempelhofer Felds gestimmt, die Bayern haben die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 abgelehnt und Stuttgart 21 wird gebaut, weil die Mehrheit der Baden-Württemberger das so wollte.

Volksentscheide auf Bundesebene gibt es aber bisher nicht. Das Grundgesetz sieht einen Volksentscheid auf Bundesebene nur vor, wenn das Bundesgebiet neu gegliedert oder über eine neue Verfassung abgestimmt werden soll. Gegen eine Ausweitung von Volksentscheiden auf Bundesebene spricht aus Sicht der Kritiker die geringe Wahlbeteiligung bei Volksentscheiden auf Landesebene. Auf Bundesebene würde die sich demnach nicht unbedingt verbessern. Das sei auch in Ländern, wie der Schweiz, wo es viele Referenden gibt, sichtbar.

Bei Volksentscheiden stimmen Sie immer: Ja oder Nein, Schwarz oder Weiß. In einer repräsentativen Demokratie auf der anderen Seite, können Sie aber auch Graustufen abbilden. Direkte Demokratie kann bereichern. Es ist aber keine Lösung, mit immer mehr direkter Demokratie Entscheidungen zu treffen. – Christian Nestler, Politikwissenschaftler Universität Rostock

Warum die Wahlbeteiligung beim Mecklenburg-Vorpommerschen Volksentscheid so gering ausgefallen ist, hat detektor.fm- Moderatorin Astrid Wulf den Rostocker Politikwissenschaftler Christian Nestler gefragt.

In der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen in Mecklenburg-Vorpommern spielt die Gerichtsstrukturreform keine große Rolle. Damit lässt sich die geringe Wahlbeteiligung erklären.Christian Nestler 

Redaktion: Maren Schubart