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Getreide: Brauchen wir ein Umdenken bei Gentechnik?

Die Genome der wichtigsten Getreidesorten wurden entschlüsselt. Ernteerträge könnten nun deutlich gesteigert werden. Doch Regulierungen in der EU und in Deutschland verhindern das. Ist also ein Umdenken beim Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft nötig?

Ergiebige Ernten dank entschlüsselter Getreidegenome

Weizen gehört zu den wichtigsten Grundnahrungsmittel weltweit und ist momentan ein rares Gut. Wegen Trockenheit und Lieferengpässen wird derzeit das Getreide knapp. Viele Länder fürchten Hungersnöte oder befinden sich bereits in ernsthaften Versorgungskrisen.

Doch es könnte einen Ausweg aus dieser Lage geben. Denn seit Mai sind die Genome von Weizen, Gerste, Roggen und Hafer entschlüsselt. Durch die Entschlüsselung ist es nun möglich, die Pflanzen künftig so zu verändern, dass die Ernte um einiges ergiebiger ausfallen könnte. So können sie unter anderem resistenter gegen Klimaveränderungen wie Trockenheit oder starke Feuchtigkeit und weniger anfällig für Schädlinge werden.

Die Entschlüsselung der Getreidesorten ist nicht nur deshalb revolutionär, weil so weltweit drohenden Hungerkrisen entgegen gewirkt werden könnte, sondern auch weil die Entschlüsselung der Getreidearten sogar komplexer als die des menschlichen Genoms ist.

Wichtig wäre, dass man einfach die Fakten für sich sprechen lässt, die zeigen, dass die Einführung solcher Technologien auch Vorteile hat – nicht nur für die Produzenten, sondern vor allem für die Verbraucher und die Umwelt.

Dr. Nicolas von Wirén, Professor für Pflanzenernährung und Abteilungsleiter für Physiologie und Zellbiologie am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzen

Foto: A. Bähring

Kritik an EU-Gesetzgebung zu grüner Gentechnik

Doch grüne Gentechnik, also der Einsatz von Gentechnik in der Pflanzenzüchtung, ist sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union (EU) ein umstrittenes Thema. Umweltverbände wie Greenpeace oder der BUND äußern Bedenken: Die Effekte von gentechnisch veränderter Nahrung seien noch unklar. So befürchten Kritikerinnen und Kritiker, dass neue Allergien und Antibiotikaresistenzen entstehen könnten. Und auch in der Bevölkerung herrscht Misstrauen: 60 Prozent der Deutschen lehnen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab.
Nur zwei durch Gentechnik veränderte Pflanzenarten sind innerhalb der EU für den Anbau zugelassen. Und EU-Mitgliedsstaaten dürfen in ihrem nationalen Recht sogar zugelassene Arten verbieten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kritisieren diese Gesetzgebung. Die deutsche Akademie der Wissenschaft wirft Kampagnen gegen die grüne Gentechnik vor, dass diese ohne wissenschaftliche Grundlagen argumentieren.
Brauchen wir also ein Umdenken bei grüner Gentechnik? Darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Marie Jainta mit Dr. Nicolas von Wirén. Er ist Professor für Pflanzenernährung und leitet die Abteilung für Physiologie und Zellbiologie am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzen.

Redaktion