Zur Museumskasse, bitte!
Wer Kunst und Kultur im Museum sehen will, muss in Deutschland dafür bezahlen. Und zwar nicht mit Geduld oder Konzentration, sondern auch mit dem nötigen Kleingeld. Über 6.300 Museen gibt es bundesweit, die wenigsten von ihnen machen ihre Sammlungen kostenlos zugänglich.
Das Folkwang Museum in Essen wagte im Juni 2015 den mutigen Schritt – und hat die Eintrittspreise vollständig abgeschafft. An jedem Tag in der Woche können die Ausstellungen nun kostenlos besichtigt werden.
Ich würde versuchen, das Modell von Großbritannien auf deutsche Museen anzuwenden. Das macht das Folkwang Museum jetzt sehr erfolgreich. – Chris Dercon, Direktor der Tate Gallery of Modern Art in London
Das Konzept ist ein voller Erfolg geworden. Eine Million Euro hat die Krupp-Stiftung gezahlt, um den freien Eintritt in das Essener Kunstmuseum für fünf Jahre zu gewährleisten. Das Museum ist dadurch ein frei zugänglicher Ort der Kunst geworden – und die Besucherzahlen in die Höhe geschnellt. Sogar von einer besseren Stimmung unter den Mitarbeitern wird berichtet: denn ein volles Museum macht mehr Spaß, als ein leeres.
Was nichts kostet, ist auch nichts wert?
Die Ökonomisierung der Kunst ist vielen Kunstliebhabern ein Dorn im Auge. Die Einnahmen durch Eintrittpreise allerdings decken ohnehin nur einen minimalen Teil der Kosten. Der Rest wird über Steuergelder und Spenden finanziert. Wer Eintritt zahlt, zahlt also gewissermaßen sogar doppelt.
In Großbritannien ist das alles kein Thema mehr. Seit 2001 sind die Sammlungen in staatlichen Museen kostenlos. Allein für Sonderausstellungen muss noch gezahlt werden. Das wirkt sich auch auf die Besucherzahl aus. Unter den 20 weltweit beliebtesten Museen des Jahres 2015 sind gleich fünf Londoner Museen vertreten.
Wir sind nicht nur ein öffentlicher Raum. Die Kunst macht, dass die Leute sich engagieren, dass die Leute Fragen stellen. – Chris Dercon, Direktor der Tate Gallery of Modern Art in London
Der kostenfreie Eintritt verändert die Atmosphäre. Denn wer nichts zahlt, hat auch nichts zu verlieren. Besonders junge Menschen zieht es dadurch wieder in die Museen. Und nicht zuletzt werden die Cafés und Aussichtsterrassen der Museen immer mehr zu einem beliebten Treffpunkt, auch ganz ohne Katalog und Audioguide.
Wie verändert sich ein Museum, wenn es plötzlich als öffentlicher Raum jedermann zur Verfügung steht? Darüber hat detektor.fm Moderator Konrad Spremberg mit Chris Dercon gesprochen. Er ist Direktor der Tate Gallery of Modern Art in London.
Redaktion: Johanna Siegemund