Werden extreme Gruppierungen auch von extremen verdeckten Ermittlern beobachtet? Den Eindruck erwecken zumindest die zuletzt aufgeflogenen verdeckten Ermittler aus Heidelberg und Hamburg.
Erster Fall
Er hat sich „Simon Brenner“ genannt und war in der linken Szene Heidelbergs unterwegs. Seinen genauen Auftrag kennt bis jetzt keiner. Er sollte vermutlich eine konkrete Person ausspionieren. Laut Anhängern der Heidelberger Linken hat er die gesamte Szene bespitzelt. So habe er es auch bei einem gemeinsamen Gespräch nach seiner Enttarnung gesagt. Was genau passiert ist, soll nun das Verwaltungsgericht Karlsruhe klären. Der Prozess hat in der vergangenen Woche begonnen.
Der Einsatz des Polizeispitzels „Simon Brenner“ in #Heidelberg war vermutlich rechtswidrig. http://t.co/koNDf7uhBs via @FRonline
— Hanning Voigts (@hanvoi) 27. August 2015
Zweiter Fall
Sie hat sich „Iris Schneider“ genannt und ermittelte sechs Jahre lang verdeckt im Umkreis der Hamburger Roten Flora, einem linksautonomen Zentrum. Neben der Bespitzelung einer bestimmten Person soll sie sich auch im Freien Sender Kombinat, einem linken Radiosender, engagiert haben und mindestens eine sexuelle Beziehung zu einer Person aus der Szene gehabt haben. Die Arbeit im Radio ist definitiv verboten, weil damit die Presse-und Rundfunkfreiheit untergangen wird. Zwar sind sexuelle Beziehungen nicht ausdrücklich verboten, doch gilt es als allgemein anerkannt und eindeutig, dass dieser Schritt zu weit geht. Weil der oder die Betroffene psychische Folgen erleiden könnte.
Diese beiden Beispiele sind zwei, die in letzter Zeit aufgeflogen sind.
Im Hamburger Fall stellt sich in der Tat die Frage: Ist es den Polizeibehörden zum Teil auch ganz Recht, wenn Regeln verletzt werden und drücken sie da beide Augen zu? – Hanning Voigts, Redakteur Frankfurter Rundschau.
Was geht, was nicht?
Auch besonders intime tiefe Freundschaften werden von Beobachtern kritisch gesehen. Gegen wen verdeckt ermittelt werden darf, legt Paragraph 110 der Strafprozessordnung (StPO) fest. Demnach darf ein verdeckter Ermittler nur eine gezielte Person ausspionieren, nicht jedoch eine ganze Szene. Außerdem muss entweder eine besonders schwere Straftat bereits begangen worden sein oder mindestens ein konkreter Verdacht auf eine Straftat bestehen. Verdeckte Ermittler dürfen nicht ohne die Zustimmung der Staatsanwaltschaft private Räumlichkeiten der Bespitzelten betreten. Es sei denn, es besteht „Gefahr im Verzug“. Dann aber hat die Staatsanwaltschaft die Pflicht die Zustimmung innerhalb von drei Tagen nachträglich zu erteilen.
Über den Prozess in Karlsruhe und die Ermittlungen in Hamburg hat detektor.fm- Moderator Thibaud Schremser mit Hanning Voigts gesprochen. Er ist Redakteur bei der Frankfurter Rundschau und beobachtet die Ermittlungen um die aufgeflogenen Spitzel seit vielen Jahren.
Redaktion: Maren Schubart