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Die Grenze zwischen der Türkei und Syrien gleicht einem Pulverfass: Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs vor vier Jahren kommt es in der Grenzregion immer wieder zu militärischen Zwischenfällen – vor allem im Luftraum.
Bereits im Oktober kam es dort zu einem Konflikt zwischen dem russischen und türkischen Militär: Damals war ein russischer Kampfjet in den türkischen Luftraum eingedrungen und hatte zusätzlich zwei türkische Jets ins Gefechtsradar genommen. Der Fall ging glimpflich aus, doch die Provokation war besorgniserregend.
Russischer Kampfjet in türkischem Luftraum abgeschossen?
Nun hat die Türkei einen russischen Kampfjet an der türkisch-syrischen Grenze abgeschossen. Nach Angaben der Türkei habe sich der Kampfjet verbotenerweise in ihrem Luftraum befunden. Die beiden Piloten sollen im Vorfeld mehrfach gewarnt worden sein.
Der Zwischenfall heute ist nur ein vorläufiger Höhepunkt eines sich in den letzten Monaten doch deutlich verschlechterten russisch-türksichen Verhältnisses. – Sebastian Bruns vom Institut für internationale Sicherheitspolitik
Das russische Verteidigungsministerium verkündete hingegen, dass die Soldaten in syrischem Gebiet Jagd auf den sogenannten Islamischen Staat (IS) gemacht hätten. Von türkischer Seite hingegen wird vermutet, dass der russische Kampfjet möglicherweise einen Einsatz gegen syrische Turkmenen flog. Die Türkei unterstützt die in Syrien lebende Minderheit.
Nach Einschätzungen der US-Regierung habe sich der russische Jet allerdings nur einige Sekunden auf türkscher Seite aufgehalten. Abgeschossen sein soll er aber über syrischem Territorium. Diese Beurteilung basiere auf Wärmedaten des Jets.
Angespanntes Verhältnis
Das Verhältnis zwischen Russland und der Türkei ist angespannt. Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Türkei in einer Pressekonferenz als „Helfershelfer des Terrorismus“ bezeichnet. Er nannte die Vorkommnisse ein „Verbrechen“, welches in dieser Art künftig nicht mehr gedultet werden könne. Der russische Außenminister Sergei Lawrow, der morgen eigentlich nach Ankara reisen wollte, hat die Reise inzwischen abgesagt.
Was im Hintergrund mitspielt, ist sicherlich die Tatsache, dass beide Länder in der Region eine gewisse Vormachstrolle spielen wollen. – Sebastian Bruns
Auf Antrag der türkischen Regierung fand unmittelbar nach dem Absturz des Jets eine NATO-Sondersitzung statt. Generalsekretär Jens Stoltenberg mahnte zur Deeskalation. Aber auch Russland hat reagiert: Fortan erhalten die russischen Kampfjets bei ihren Einsätzen über Syrien Begleitschutz. Welche weiteren Konsequenzen aus dem Abschuss folgen, ist noch offen.
Über die tagesaktuellen Entwicklungen und die Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Russland und der Türkei, hat detektor.fm-Moderator Konrad Spremberg mit Sebastian Bruns vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel gesprochen.
Redaktion: Mirjam Ratmann
Aktualisiert am 25.11 um 10.30 Uhr