Eine der wichtigsten Fragen bei der Aufklärung terroristischer Attentate ist: Wie finanzieren sich die Attentäter?
Die staatlichen Banken werden häufig überwacht. Die Geldübergabe in Koffern kommt eher in Kinofilmen, als in der Realität vor. Tatsächlich gibt es einen Weg, über den terroristische Organisationen schnell, anonym und weltweit große Mengen an Geld transferieren können. Er heißt Hawala.
Hawala ist Vertrauen
Eigentlich ist Hawala ein traditionelles Überweisungssystem in muslimischen Ländern. Es ähnelt dem Prinzip von Western Union und funktioniert ohne Banken, Konten oder Kreditkarten. Wer Geld überweisen möchte, geht zu einer der sogenannten Hawala-Banken. Meist sind das einfache Geschäfte wie Gemüseläden oder Internetcafés.
Der Kunde zahlt den Betrag in bar ein. Im Gegenzug erhält er einen Zettel mit einem Code. Diesen kann er per Telefon Freunden oder Verwandten im Ausland mitteilen. Gehen diese dann zu ihrer nächsten Hawala-Bank, bekommen sie das Geld ausgezahlt. Hawala basiert vor allem auf Vertrauen, da es weitestgehend ohne Formulare auskommt.
Mittlerweile sollen weltweit mehrere Millionen Euro mithilfe von Hawala überwiesen werden. Wie viel genau, ist nicht bekannt. Doch nach Schätzungen der Weltbank werden allein im südlichen Afrika 65 Prozent der Gelder, die ins Land fließen, über Hawala transferiert.
Finanzierung für Terrorismus
Doch Hawala ist auch gefährlich. Da die Transfers nicht kontrolliert werden, nutzen das unkomplizierte und anonyme Verfahren auch terroristische Organisationen und Kriminelle zur Geldwäsche. Hinzu kommt, dass Hawala sich heute nicht mehr nur auf die muslimischen Länder beschränkt. Das Überweisungssystem wird weltweit genutzt.
Wie groß das Hawala-Netz mittlerweile ist, können Experten nur schätzen. Denn neben legalen Hawala-Ablegern gibt es auch unzählige, die sich im illegalen Bereich bewegen.
Über Hawala und die Frage, wie gefährlich das Überweisungssystem tatsächlich ist, hat Moderator Alexander Hertel mit Federico Varese gesprochen. Er ist Professor für Kriminologie an der Universität Oxford.
Das Interview im englischen Original
Das Gespräch mit Federico Varese stellen wir hier auch im englischen Original ohne Übersetzung zum Anhören bereit.
Redaktion: Marie-Kristin Landes