Irak: Bilanz des IS-Schreckens

Ein Jahr Islamischer Staat

Seit einem Jahr besteht das Kalifat der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Es ist ein Jahr des Schreckens. Eine internationale Militärallianz kämpft seitdem gegen die Terrormiliz, Gebiete werden bombardiert, Territorien verteidigt. Doch das Kalifat existiert noch immer und wächst weiter. Experten gehen davon aus, dass es den IS noch Jahre geben wird.

Irak: Ein Jahr des Schreckens

Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) breitet sich ein Jahr nach Ausrufung des Kalifats weiter aus. Die Großstadt Mossul im Nordirak ist weiter besetzt. Nach der Eroberung von Ramadi trennen die Terrormiliz nur noch etwas mehr als hundert Kilometer von der irakischen Hauptstadt Bagdad. Mit der Eroberung Ramadis haben die Islamisten einen militärischen Erfolg gefeiert, den es nach den Erfolgsmeldungen der US-Regierung in jüngster Zeit eigentlich gar nicht mehr hätte geben dürfen. Der „Islamische Staat“ kontrolliert mittlerweile nicht weniger ein Drittel des Iraks. Die Miliz herrscht über ihren eigenen Terrorstaat mit harter Hand. Acht bis zehn Millionen Menschen leben unter der Herrschaft des „Islamischen Staats“. Seine ideologische Anziehungskraft ist offenbar ungebrochen und zieht weltweit weiterhin Sympathisanten an. Für die Dschihadisten kämpfen auch zahlreiche Unterstützer aus dem Westen.

Der Kampf geht weiter

Für den Kampf gegen den „IS“ haben sich inzwischen unzählige Kräfte zusammengeschlossen. Mehrere Dutzend Nationen bieten dem Kalifat mit geschätzten 35 000 Dschihadisten die Stirn. US-amerikanische Kampfflugzeuge bombardieren täglich die Terrormiliz. Europäische und saudische Waffen sind ebenfalls im Einsatz. Irakische Armeeeinheiten, von Iran unterstützte schiitische Milizen, syrische Rebellen und kurdische Kämpfer bekämpfen die Islamisten am Boden. Trotz der anhaltenden Bemühungen der internationalen Militärallianz unter Führung der USA deutet nichts auf eine Schwächung hin. Taktisch, finanziell und militärisch scheinen die Islamisten weiterhin bestens gerüstet. So hat in den vergangenen Wochen der IS wieder viel von seiner ehemaligen Durchschlagskraft zurückgewonnen, die er nach der Niederlage im syrisch-kurdischen Kobane und im irakischen Tikrit erst einmal verloren hatte. In der irakischen Provinzhauptstadt Ramadi haben zahlenmäßig unterlegene IS-Kämpfer wieder einmal Einheiten der Armee in die Flucht geschlagen, das nun schon zum dritten Mal. Auch an anderen Fronten ist die Miliz im Irak auf dem Vormarsch.

Terror mit Plan

Das Kalifat gedeiht auf dem Boden scheiternder Staaten. Es füllt das politische Vakuum, unterwandert jeden Aspekt des täglichen Lebens und macht sich die Menschen untertan. Mit der Bevölkerung in den eroberten Gebieten verfährt der „IS“ nach dem Muster: Terror und Unterstützung. Einerseits werden die Menschen mit öffentlichen Hinrichtungen in Schach gehalten, andererseits beabsichtigt der „IS“ – mit dem Aufbau einer Verwaltung, einem Gesundheits- und Schulwesen – sich bei der Bevölkerung beliebt zu machen und wichtige staatliche Aufgaben zu übernehmen, um seinen Machtanspruch dauerhaft zu festigen. Im Irak und Syrien hat dieser Verbund aus islamischen Fundamentalisten und militärisch geschulten Ex-Offizieren des säkularen Saddam-Regimes ihre Strategie bisher erfolgreich angewendet. Die Terrormiliz versucht nun, andernorts weiter zu expandieren und den Nährboden für den totalitären Machtanspruch des Kalifats zu bereiten.

Ein Jahr unter der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Über die Situation im Irak hat detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange mit Dr. Magdalena Kirchner gesprochen. Sie ist Nahostexpertin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Das Ziel des „IS“ ist das Dauerhafte ihrer Herrschaft. Einerseits erreichen sie dies durch Bereitstellen staatlicher Dienstleistungen wie Lebensmittelversorgung, Versorgung mit Treibstoffen, Krankenhäusern und anderer Infrastruktur für die Bevölkerung. Anderseits durch die harte Durchsetzung der Scharia. Viele empfinden die Scharia besser als gar keine Ordnung.Dr. Magdalena Kirchner 

Redaktion: Carsten Jänicke