Das Landeskriminalamt (LKA) spioniert die linke Szene in Hamburg aus. Sechs Jahre hat dabei eine verdeckte Ermittlerin im linksautonomen Zentrum Rote Flora mitgemischt. Sie plante Aktionen, moderierte bei einem freien Radio eine politische Sendung, ging Beziehungen ein. Die Bewohner vertrauten ihr. Zufällig kam jetzt – erst Jahre später – die wirkliche Identität der Frau ans Licht. Nun verlangen die entsetzten Aktivisten der „Roten Flora“ Aufklärung vom Hamburger Senat.
Vom Varieté zum linksautonomen Zentrum
Die Rote Flora ist eigentlich ein Varietétheater im Schanzenviertel von Hamburg. Seit 1989 ist es von der linken Szene besetzt und wird als Treffpunkt und Wohnraum genutzt. Im November 2014 hat die Stadt Hamburg das Theater von dem Immobilienhändler Klausmartin Kretschmer zurückgekauft. Jedes Jahr gibt es Proteste und Ausschreitungen wegen versuchten Räumungen.
Aufklärung der NSU-Morde blieb auf der Strecke
Besonders pikant: Während der Bespitzelung des linkenautonomen Zentrums in vollem Gange war, ist der Obst- und Gemüsehändler Süleyman Tasköprü 2001 in Hamburg-Bahrenfeld erschossen worden. Jahrelang hatte die Polizei keine Ahnung, wer die Täter waren. Erst 2011 wurde klar, dass die NSU-Terroristen hinter dem Mord steckten. Nun gibt es Vermutungen, dass das besondere Augenmerk auf die falsche Stelle gerichtet war.
Schwerer Verfassungsbruch?
In unserer wöchentlichen Serie „Stadtgespräch“ haben wir mit dem Hamburger Rechtsanwalt Thomas Bliwier über den LKA-Spitzel und die rechtlichen Voraussetzungen gesprochen. Er vertritt die Meinung, der Einsatz eines verdeckten Ermittlers in der „Roten Flora“ habe zu keinem Zeitpunkt eine gesetzliche Grundlage gehabt und stelle einen schweren Verfassungsbruch und einen unglaublichen Eingriff in die Grundrechte der so bespitzelten Personen dar.