Am 6. Juni hat die britische Zeitung The Guardian Berichte zur Überwachung der US-Geheimdienstbehörde NSA veröffentlicht. Aus denen ging hervor, dass nicht nur ausgewählte Verdächtige bespitzelt werden, sondern beinahe alle Online-Kommunkation weltweit abgespeichert wird. Fertig ist der größten Überwachungsskandal der Geschichte.
Deutschland ist in diesem System ein sogenannter „Partner dritter Klasse“ und gilt als eines von der NSA am intensivsten überwachten Länder der Welt. So sehen die US-Behörden in Deutschland ein potenzielles Angriffsziel und stellen es in eine Reihe mit China, Saudi-Arabien oder dem Iran.
Stillstand in der deutschen Aufklärungspolitik
Viele Deutsche sind empört – die Bundesregierung gibt sich teils entsetzt, teils überrascht, teils besänftigend. Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach eigener Aussage erst aus den Medien von der NSA-Affäre erfahren haben; Innenminister Hans-Peter Friedrich fliegt für Antworten und Erkenntnisse in die USA – und kommt ohne dergleichen zurück. Und der eigentliche Ansprechpartner in Sachen Geheimdienstkoordination: Ronald Pofalla war im Urlaub und schweigt danach.
Die NSA-Affäre hat neben Fragekatalogen für ausländische Geheimdienste noch keine politischen Folgen gehabt. Ein Umstand, der Bürgerrechtsbewegungen und Netz-Initiativen übel aufstößt. Insbesondere dem Verein «Digitale Gesellschaft».
Offener Brief an Institutionen
Zusammen mit anderen Bürgerrechtsgruppen hat der Verein eine Online-Petition gestartet. Unter der Adresse stopsurveillance.org findet sich ein offener Brief – an die „Regierung, unser nationales Parlament, die EU-Kommission, den Europäischen Rat und das Europäische Parlament“. Danach folgen zwölf Handlungsvorschläge für die NSA-Affäre und eine Petition.
Über stopsurveillance.org und ihre Unterstützer haben wir mit Markus Beckedahl gesprochen. Er ist der Vorstandsvorsitzende des Digitale Gesellschaft e.V.