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Fortschritt | Elektroschrott – Die Herausforderung in Zeiten wachsender Rohstoffknappheit

Dass in Handys wertvolle Rohstoffe enthalten sind, ist bekannt. Doch auch in anderen Elektrogeräten befinden sich wertvolle Metalle und chemische Verbindungen. In Zeit zunehmender Rohstoffknappheit eine Herausforderung.

Otmar Deubzer - untersucht die Kostbarkeit von Geräten, die andere für wertlos halten.

untersucht die Kostbarkeit von Geräten, die andere für wertlos halten.
Otmar Deubzer

Jeder kennt das Problem: Wohin bloß mit dem alten Kühlschrank oder dem Fernseher? Die Geräte einfach wegzuschmeißen, mag zwar durchaus komfortabel sein – ökonomisch und gesellschaftlich ist das jedoch problematisch.

Das gilt nicht nur für Edelmetalle in Smartphones. Auch in  anderen Alltagsgeräten, wie z.B. Fernsehern, stecken viele Rohstoffe und Ressourcen, die immer knapper werden. Die meisten von ihnen könnten aus alten Geräten recycelt werden, doch das ist teuer – und klappt nicht mit allen Rohstoffen. Dennoch: in Zeiten, da die Bevölkerung immer stärker wächst und die Vorräte an wertvollen Materialien knapper werden, stellen alte Kühlschränke und Fernseher eine gesellschaftliche Herausforderung dar.

Über welche Dimensionen wir hier sprechen und was der Einzelne tun kann, um das Problem der Ressourcenknappheit einzudämmen, haben wir Otmar Deubzer gefragt.

Er forscht zum Thema Entsorgung und Verwertung von Elektrogeräten, unter anderem am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und an der Universität der Vereinten Nationen.

Fortschritt – Elektroschrott: zu schade für den Müll? 07:11

Zum Mitlesen: Otmar Deubzer über die richtige Entsorgung von Elektrogeräten

Immer mehr Untersuchungen zeigen, ausrangierte Elektro-Geräte sollten uns nicht egal sein. Warum?

Zum einen, weil sie, sie hatten es schon gesagt, wertvolle Ressourcen enthalten, also man findet zum Beispiel Gold, Silber, aber auch Kupfer darin. Darüber hinaus aber leider auch viele toxische Stoffe. Das reicht von Blei bis Cadmium, die eigentlich verboten sind in diesen Geräten, aber immer noch enthalten sind, weil es eben teilweise technisch nicht ersetzbar ist. Aus diesen Gründen ist Elektronikschrott auf der einen Seite eigentlich ein Schatz, auf der anderen Seite giftig.

Über wie viel an Gewicht, an Menge sprechen wir da eigentlich, wenn Sie sagen, da ist Gold drin. Ist das ein großer Batzen oder ist das ganz wenig?

Es kommt darauf an natürlich, welches Gerät man anschaut. Vor allem Informations- und Kommunikationstechnik hat schon einiges drin, das sind insgesamt aber nur Milligramm. Das ist aber immerhin derzeit ein Mehrfaches von dem, was man in den gängigen Goldminen findet.

Von Handys kennt man das ja, hat man auch gelesen, dass da wirklich wertvolle Rohstoffe drin sind, ist das auch bei anderen Elektro-Geräten so, bei Kühlschränken oder sonstigen Sachen?

Also bei Kühlschränken sind weniger Edelmetalle drin. Edelmetalle haben Sie immer letzten Endes in den Hightech-Geräten. Das reicht von Handys, aber auch in Notebooks, in manchen MP3-Playern.

Und Fernseher?

In Fernsehern auch, aber schon begrenzter. Es kommt immer drauf an. Aber die Informationstechnik vor allem, da darf man nicht nur an den Computer denken, der zuhause steht oder an das Notebook, sondern man muss auch an professionelle denken, zum Beispiel an Schaltzentralen bei Telekommunikation. Da haben Sie ja Riesenschaltschränke mit Technik vollgestopft. Da finden Sie dann schon einiges drin, was durchaus wert ist, entsorgt zu werden.

Machen wir es mal konkret, mein Fernseher ist kaputt, ich brauche einen neuen. Ich bringe den alten auf den Wertstoffhof, denke ich, hab ich alles richtig gemacht, oder?

Im Prinzip haben Sie das gemacht, was sie als Verbraucher derzeit tun können, ja. Wenn Sie den auf den Wertstoffhof bringen, dann geht der in das in Deutschland installierte System. Das heißt, er wird dort erstmal getrennt erfasst mit anderen Fernsehern und anderer Informations- und Kommunikationstechnik. Auch Unterhaltungselektronik wandert zusammen in den Container und wird dann auf Kosten der Hersteller behandelt. Sprich, von den Schadstoffen entfachtet, soweit wie möglich, und dann auch recycelt. Je nachdem – die alten Röhrenfernseher, da ist etliches, was man nicht besonders gut verwerten kann – was danach auf die Deponie muss.

Kann ich denn auch schon beim Kauf Dinge richtig machen oder vielleicht sogar besser machen?

Beim Kauf ist es bezüglich der Inhaltsstoffe schwierig, das ist noch nicht weiter ausgezeichnet. Es gibt natürlich Hersteller, die mehr oder weniger Schadstoffe drin haben, aber im Wesentlichen muss man davon ausgehen: viele Schadstoffe sind reguliert. Es gibt die Rohs-Richtlinie, die in Europa gilt, wonach also Blei, Cadmium, Silber, sechswertiges Chrom gar nicht mehr drin sein dürfen. Außer es ist technisch erforderlich, da gibt es einige Ausnahmen. Diese Geräte sind dann auch rohs-konform gekennzeichnet, aber es müssen eigentlich alle dieser Norm entsprechen, sonst dürfen sie gar nicht auf den Markt gebracht werden. Darüber hinaus ist es für den Verbraucher aber schwierig. Ob in einem Kunststoff zum Beispiel mehr oder weniger Flammhemmer drin sind oder umweltfreundlichere Flammhemmer. Das ist manchmal noch ausgezeichnet. Gut, es gibt vielleicht noch Geräte, die mit dem „Blauen Engel“ versehen sind aus bestimmten Gründen, also wenn Sie solche Label noch sehen, da haben Sie noch eine Chance, zu reagieren. Einen Anhaltspunkt haben Sie.

Sie haben gesagt, es ist schwierig. Ich finde es vor allem deswegen schwierig, weil man ja den Eindruck bekommt, dass man tatsächlich alle zwei, drei Jahre so ein neues Gerät auch braucht. Nicht nur, weil die Geräte scheinbar termingerecht kaputt gehen, sondern weil sie nach drei Jahren auch, grade wenn es Informationstechnik ist, eigentlich schon veraltet sind. Wie entkommen wir denn diesem Neuanschaffungs-Wahn?

Das kann man in einem gewissen Rahmen natürlich für sich selbst entscheiden. Bei Fernsehern, da haben Sie weitreichende Freiheit, ob sie wirklich alle paar Jahre einen neuen brauchen. Ich glaube, das ist auch nicht so üblich, sich alle drei Jahre einen neuen zu kaufen. Hier sind Sie noch relativ autark. Steht ja meistens bei Ihnen zuhause, ist relativ isoliert, ein für sich alleine genutztes Gerät. Wenn Sie natürlich jetzt einen Computer haben, können Sie das im Prinzip auch selbst entscheiden, aber wenn Sie mit anderen zusammenarbeiten, wird es dann schon schwierig. Das fängt dann schon mit den üblichen Updates an, irgendwann ist das Ding so upgedatet, dass es so überfrachtet ist, dass es einfach nicht schnell genug ist. Der Sprung dann von einer zur nächsten Windows-Generation frisst Ressourcen, die nächste Office-Version muss drauf, frisst Ressourcen. Also wenn man das regulieren möchte, dann muss man erstmal konsequent sein und so weit wie möglich auch erstmal die alte Software nutzen. Sonst laufen Sie irgendwann mal in die Falle, dass das Ding zu langsam wird. Sie können dann natürlich gucken – manchmal kann man grad bei Informationstechnik, wenn man einen Computer hat, einfach mal mit einer kleineren Maßnahme das noch weiternutzen, wenn man zum Beispiel den Arbeitsspeicher noch erweitert. Dann wird ein Gerät manchmal noch wieder schneller und lässt sich noch zwei, drei Jahre nutzen. Da sollte man sich dann einfach fachmännischen Rat holen oder vielleicht in Fachzeitschriften einfach mal nachlesen, damit man ein bisschen Grundwissen hat.

Wenn man mal eine bisschen größere Perspektive aufmacht, was passiert denn, wenn wir alle so weiter machen mit den Elektro-Geräten wie bisher, im Markt?

Also wenn man in Betracht zieht, dass erstens immer mehr Menschen auf diesem Planeten leben und zweitens auf immer höherem Lebensstandard, dann wird es wohl bei bestimmten Rohstoffen durchaus knapp werden. Man muss sich vor Augen halten, dass man manche Probleme derzeit mit Recycling auch gar nicht lösen kann. Sie können zwar Edelmetalle und auch Kupfer und dergleichen sehr gut recyclen aus Geräten. Aber in etlichen Geräten befinden sich auch Metalle wie Indium, zum Beispiel in LCD-Fernsehern. Die finden sich dort in kleinsten Konzentrationen. Selbst wenn sie das möchten, können Sie das derzeit nicht recyceln, das heißt, diese Rohstoffe gehen verloren. Das sind zwar pro Gerät jeweils nur wenige Milligramm, aber durch die Masse der Geräte ist man dann schnell im Tonnenbereich. Die Hälfte oder zwei Drittel der Weltproduktion an Metallen wie Indium, geht dann sehr schnell in solche Geräte. Hier sehe ich dann schon ein Problem, dass man durch diesen dissipartiven Gebrauch, wie es im Fachkenntnis heißt, auch an Rohstoffgrenzen stößt.

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