Ein PC im Format einer Kreditkarte, nur ungefähr fingerdick und für unter 50 Euro. Was utopisch klingt, gibt es tatsächlich – zumindest für Bastler. Seit zwei Jahren können sie sich an einem abgespeckten Rechnerersatz namens „Rasberry Pi“ austoben.
Klein und handlich
Ein Prozessor, eine Grafikkarte, ein kleiner Speicher und verschiedene Anschlüsse, z.B. für Ton- und Videoausgabe – das ist alles, was der „Raspberry Pi“ mitbringt. Eine Hülle hat er keine, aber die kann man sich selbst zusammenbauen: zum Beispiel aus Legosteinen.
Mittlerweile ist um den Mini-PC ein richtiger kleiner Hype unter Bastlern ausgebrochen, die sich gegenseitig mit kreativen Projektideen überbieten.
Warum, und was genau man mit einem „Raspberry Pi“ anstellen kann, darüber haben wir mit Daniel Bachfeld gesprochen. Er ist der stellvertretende Chefredakteur der Computerzeitschrift c’t.
+++ Das Interview zum Mitlesen +++
Was genau ist ein Raspberry Pi ?
Das ist fast ein vollwertiger, kleiner PC. Der Vorteil ist natürlich, dass er Scheckkarten groß ist und ich kann ihn überall einbauen und überall mit hinnehmen. Er benötigt auch nicht viel Energie. Ich kann ihn mit einem kleinen Akkupack unterwegs betreiben und das macht ihn gerade für Bastler so interessant – um ihn zum Beispiel in eine eigene Steuerungen einzubauen oder im Auto zu verbauen für bestimmte Sachen oder zu Hause Heimsteuerungen damit zu machen. Deshalb ist das so ein kleiner Hype und so ein kleiner Run: Welche neuen Aufgaben kann ich mir ausdenken, die ich dann diesem Raspberry Pi übergeben kann?
Man kann den dann selbst programmieren oder ihm Aufgaben geben. Ist das dann wirklich nur was für Bastler oder Profis oder kann sich damit prinzipiell auch jeder auseinandersetzen?
Also Ziel der Hersteller des Raspberry Pis war insbesondere, das eben so leicht zu machen, dass das auch Schüler und Anfänger können. Das heißt, man kann sich die Software im Internet herunterladen, man kann sie relativ leicht installieren. Es gibt fertige Programmpakete, mit denen man bestimme Dinge auf dem Raspberry Pi erledigen kann. Also es ist im Großen und Ganzen schon wirklich für Einsteiger geeignet, aber man sollte eine gewisse Affinität zu Technik haben. Wenn man jetzt noch nie mit dem PC gearbeitet hat, dann ist der Raspberry Pi sicherlich der falsche Einstieg. Aber für Leute, die sich ein bisschen dafür interessieren, was kann ich denn noch machen, dafür ist das die ideale Grundlage.
Sie haben gerade auch die Software angesprochen. Vor allem Open-Source-Software, also im Internet downloadbare, und auch ein anderes Betriebssystem, nämlich Linux-basierend. Ich sag mal für den typischen Windows-Nutzer, der noch nie etwas anderes benutzt hat: ist das auch für den einfach, mit diesen anderen Programmen klar zu kommen?
Im Wesentlichen handelt es sich ja auch um eine grafische Oberfläche, auf der Icons liegen, die man doppelklicken muss, wo man verschiedene Sachen verschieben und fallen lassen muss – das ist eigentlich keine große Umstellung. Und es gibt im Netz sehr gute Anleitungen, wie man damit umgeht. Wenn man sich also wirklich dafür interessiert und ein bisschen Geduld hat, sich in die Dinge einzulesen, dann ist es relativ einfach und es macht auch einfach Spaß, wenn man dann sieht: Oh, da gehen Dinge, ich kann hier was machen, da leuchtet was, wenn ich das so programmiere oder da dreht sich ein Motor. Es ist gleich mit Erfolgserlebnissen verknüpft.
Bietet sich dieses Gerät auch wirklich als PC-Ersatz an oder ist das nur für spezielle Aufgaben?
Also man kann es als PC-Ersatz benutzen, allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass es eben bestimmte multimediale Seiten nicht funktionieren. Wenn ich jetzt im Internet browse, dann sind die einfach zu überladen und damit hat der kleine Raspberry Pi dann seine Probleme. Aber wenn es darum geht, einfache Textverarbeitung oder Spiele zu machen, das geht ohne Probleme und dafür eignet er sich, aber das ist auch gar nicht die Hauptzielrichtung. Es geht wirklich darum, ihn für Steuerung zu benutzen und ohne Monitor, Maus und Tastatur einzusetzen. Ihn einfach im Haus werkeln zu lassen oder auch als Media-Center zum Abspielen von Filmen.
Sie haben es gerade angesprochen: Media-Center ist eine dieser Varianten, wie man es benutzen kann. Was ich auch gefunden habe, ist als Türöffner für ein Garagentor, die sind ja auch sonst relativ teuer. Wie alltagstauglich sind dann die Steuerungselemente? Halten die dann auch so lange wie ein handelsübliches Garagentor-Öffnungssystem?
Die halten schon relativ lange, aber das kommt natürlich darauf an, wie ich diesen Raspberry erweitere und wie billig die Komponenten sind. Wenn ich einen Motor nehme, der relativ günstig ist, dann geht der natürlich schneller kaputt, als ein relativ teurer Motor. Aber im Kern ist der Raspberry relativ haltbar und wie es drumherum aussieht, ist das einfach Geschmackssache. Wie viel ich dann für die Garagentür-Öffnung ausgeben möchte. Nehme ich zum Beispiel ein WLAN-Empfänger, die auf 868 Mhz laufen… Also es ist einfach, wie viel man investieren möchte.
Gibt es da eigentlich nach oben Grenzen? Was sind die ausgefallensten Projekte, die sie kennen mit einem Raspberry Pi?
Es gibt durchaus Projekte, bei denen mehrere hundert Raspberrys parallel gekoppelt wurden, um einfach zu zeigen, dass man damit sogar Wettervorhersagen tätigen kann. Da geht man da schon in mehrere tausend Euro rein, aber diese Projekte sind eher die Ausnahmen. In der Regel handelt es sich um Basteleien mit einem Rasberry, an den man verschiedene Sachen anschließt, die dann irgendwas steuern, eine Tür aufmachen, einen Schalter betätigen oder als Robotersteuerung. Dabei bewegt man sich zwischen 100 und 200 Euro.
Über einen interessanten Punkt haben wir noch gar nicht gesprochen, nämlich dass man mit einem Raspberry auch im Internet anonym surfen kann. Also so, dass einem gewisse Dienste, mit denen wir derzeit immer wieder zu tun haben, einen wohl nicht abhören können. Wie kann man sich das vorstellen? Ist das wirklich sicher mit so einem Raspberry Pi?
Also an der Stelle muss ich sagen, dass das ein Beispiel ist, das relativ ungeeignet ist. Es geht da konkret um das Tor-Projekt, mit dem man dann anonym surfen kann. Dafür ist der Raspberry Pi eigentlich relativ ungeeignet, zudem es diese Software für den normalen PC auch so schon gibt. Da reden wir über Tor und Vidalia, da läuft das einfach viel performanter. Man kann das mit Raspberry Pi machen, aber das ist eigentlich nicht wirklich Sinn und Zweck dieser Sache, solche Software dort laufen zu lassen. Das hat sich jetzt eben jemand ausgedacht, um einmal wieder ein Anwendungsbeispiel zu zeigen. Aber aus meiner Sicht ist das ein untaugliches Anwendungsbeispiel. Es läuft dann einfach sinnvoller, wenn ich mir diese Software direkt auf den Desktop, mit dem ich im Internet unterwegs bin, installiere.