Stundenlanges Herumsitzen. Frickelige Kleinarbeit. Eine riesige Vielzahl von Teilen. Komplizierte Pläne. Und unbedingte Konzentration und Fingerspitzengefühl. Modellbau ist für viele nicht gerade attraktiv.
Für viele andere ist es aber der Weg zum Glück und das schönste Hobby der Welt. Gerade in Zeiten, wo immer mehr an Monitoren und Computern stattfindet.
Worin liegt diese Faszination? Was macht den Reiz aus? Das haben wir Matthias Muth gefragt. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Plastikmodellbau-Verbands.
+++ Das Gespräch zum Mitlesen +++
Woher kommt für Sie die Faszination dieses Hobbies oder Sports?
Die Faszination liegt eigentlich darin, etwas neu zu schaffen, was man sonst so in der Realität nicht schaffen kann. Oder haben Sie schon einmal eine Titanic gebaut?
Wie sind Sie zum Modellbau bekommen?
Das ist eigentlich so vererbt. Das Hobby war in den 50er und 60er Jahren sehr sehr populär und ist etwas zurückgegangen. Und man hat das so über die Generation ein bisschen mitbekommen. Ich bin ja nun mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste. Aber unsere Generation ist diesem Hobby sehr verwachsen. Weil es die Möglichkeit gibt, Dinge zu schaffen, die man in der Realität nicht haben kann oder die es gar nicht mehr gibt.
Die Nachwuchssituation ist also nicht so gut oder können Sie das revidieren?
Da geht es eigentlich wie bei allen Hobbys, die über die Nachwuchssituation klagen: Dadurch dass das Angebot der Freizeitbeschäftigung in den letzten Jahren viel breiter geworden ist und die Zahl der Kinder nun nicht unbedingt mehr geworden ist. Also ist es natürlich so, dass jeder versucht, für sein Hobby Nachwuchs zu gewinnen. DPMV ist in dieser Richtung auch sehr aktiv. Wir sind ja der Dachverband des Modellbaus und die Mitgliedsvereine und einzelnen Mitglieder bieten auch durchaus für Kinder und Jugendliche Aktionen an, um das Hobby kennen zu lernen. Im Oktober wird es den Tag des Modellbaus geben, wo Kinder die Möglichkeit haben, wenn sie noch nicht Kontakt zum Plastikmodellbau hatten, zu gucken und zu schnuppern. Und auch Modelle für sich zu bauen. Solche Sachen sind, von Seiten des DPMVs, kostenfrei.
Gibt es denn etwas, was Sie einem interessierten Anfänger für den Einstieg raten? Also gibt es einen klassischen Einstieg in den Modellbau?
Also wer noch gar nicht damit gearbeitet hat, sollte sich an solchen einfachen Steckbausätzen ausprobieren. Die größte Problematik ist ja: Modellbau ist nicht einfach. Modellbau verlangt unheimliche geistige Konzentration. Sie haben einzelne Teile, Sie haben einen Plan und diesen müssen Sie umsetzen. Und das muss systematisch erfolgen. Also sollte man sich da wirklich vorher im Laden beraten lassen. Oder wenn man noch nichts damit zu tun hatte, auf der Schachtel gucken: Was für Teile sind das? Ist das wirklich das Modell was mich interessiert? Ist das der Ferrari, den ich mir nicht kaufen kann? Ist es die AIDA, mit der wir letztens die große Kreuzfahrt gemacht haben? Da muss ich ganz genau gucken: Was will ich wirklich haben für ein Modell?
Welche Ausstattung braucht man zum Modellbau?
Die Anfangsausstattung ist relativ einfach: Wenn ich schon dazu übergehe, die Teile zu verkleben, dann brauche ich natürlich den speziellen Plastikkleber. Ein einfacher kleiner Arbeitsplatz reicht aus. Ein kleines Set mit Feilen und ein Saitenschneider dazu. Und wenn ich ein Stückchen weiter gehen will und die Modelle farbig gestalten will, dann brauche ich entsprechend die Farben dazu. Einige Hersteller bieten das auch direkt an und geben schon direkt Werkzeug und Farben mit dazu. Aber wie gesagt, auch für den Einsteiger: Nachschauen, wie viel Teile sind das und ist das für mich schon zu schaffen?
Ist das ein teures Hobby?
Es kann ein teures Hobby werden, je nachdem, wie viel Geld ich in so einen Bausatz rein stecke. Normalerweise beginnt ein Bausatz bei 18 Euro – nach oben offen. Das können auch mal über 100 Euro werden. Je nachdem, was für ein komplexeres Modell es ist. Es gibt also durchaus Hobbys, die sind viel preisintensiver.
Macht es eigentlich einen Unterschied, ob man Bewegliches baut, das z.B. fliegen oder schwimmen oder fahren kann, oder Modelle, die in der Vitrine stehen?
Bei denjenigen, die die Modelle in die Vitrine stellen, die haben die Faszination am Objekt: Das ist also der Londonbus, mit dem wir die Rundfahrt gemacht haben in London. Und den will ich da wieder sehen. Ich erinnere mich also an schöne Dinge, die ich erlebt habe oder an Sachen, von denen ich immer geträumt habe. Bei den Modellen, die RC gesteuert sind – also Radio Controlled – ist es dann auch ein bisschen der andere Effekt: ich will da auch was bewegen. Und da kommt es einem manchmal nicht so sehr auf die modellgetreuen Sachen an. Wobei die Modellbauer beim Plastikmodellbau eben auf das Genaue sehr viel Wert legen.
Gibt es unter Modellbauern auch so etwas, wie in vielen anderen Interessensgruppen: so eine Art interne Scherze oder Frotzeleien? Scherzt man über die Schiffs-Fans, die Panzer-Bauer, die Modelleisenbahner…?
Das durchaus schon. Also die „Heavy-Metall-Fraktion“ – das sind also die Leute die Panzer bauen – werden manchmal ein bisschen komisch angeguckt von denen, die Flugzeuge bauen. Aber es ist auch manchmal so, dass wir ins falsche Licht gerückt werden, wenn eben auch Militärbausätze mit dabei sind. Das heißt aber nicht, dass wir das militaristische verherrlichen. Sondern es ist eben vielfach – wie beim Großteil der Menschen, die das machen – die Technikfaszination. Aber auch der geschichtliche Hintergrund: also etwas darzustellen, was einen geschichtlichen Bezug hat.
Ist die Entwicklung von Modellbau irgendwie „abgeschlossen“, oder gibt es da Trends und neue Entwicklungen, die man von außen gar nicht sieht? Ich denke da etwa an 3D-Drucker.
Da denken Sie ganz richtig. Das könnte vielleicht wirklich die ganz große Sache werden: Das man also gar keine Modellbausätze mehr zu kaufen bekommt im Laden, sondern sich eine Software kauft und dann das Modell mit Hilfe eines 3-D-Druckers herstellt.
Obgleich da viel verloren gehen würde. Denn dann würde man es am Computer bauen.
Dann würde man es ein bisschen am Computer bauen. Aber Sie wissen: Ohne Computer geht heute gar nichts mehr. Der ganz traditionelle Modellbau, denke ich, wird aber trotzdem nicht aussterben.
Welche Werte werden über Modellbau vermittelt?
Für diejenigen, die neu einsteigen, sind es vor allem motorische Dinge. Also ganz einfach die Schulung der Feinmotorik. Dann die Genauigkeit. Das genaue und richtige Arbeiten; das saubere Arbeiten. Aber auch die Beschäftigung mit Geschichte, Beschäftigung mit Technik und die Zufriedenheit, selber etwas geschaffen zu haben.
Was erschaffen Sie gerade?
Was ich gerade erschaffe? Ich erschaffe im Moment gerade ein Projekt, was ich plane für eine Ausstellung, die wir in der Deutschen Raumfahrtausstellung machen werden. Und zwar geht es da um eine „Wostok-1-Rakete“ von Juri Gagari.
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