Godspot – Ganz im Ernst
„Postillon-Leser wissen es früher“ spottet die gleichnamige Satire-Webseite. Sie schrieb 2011, die Kirche wolle WLan einrichten, damit die Reihen in Gottesdiensten endlich wieder voll werden.
Der Postillon am 10.3.2011: https://t.co/iqkxuErMau
Nordkurier am 18.5.2016: https://t.co/8iIR3UWzdm pic.twitter.com/I6sWr6v4X1— Der Postillon (@Der_Postillon) 18. Mai 2016
Die Satire hat die evangelische Kirche in Berlin und Brandenburg nun wahr gemacht. Man will kostenloses WLan an Kirchen einrichten – godspots. Dort soll jeder ohne Anmeldung und ohne Schranken ins Internet gehen können. Bis 2017 will man alle Kirchen in Berlin und Brandenburg ausgestattet haben.
Ort für christliche Inhalte
WLan in Kirchen gab es auch schon vor dem godspot, zur Verfügung gestellt von der Initiative Freifunk. Die Aktivisten installieren offene und erweiterbare Netze, die man kostenlos und anonym nutzen kann. Dafür haben sie auch in Berlin schon Router an Kirchtürmen angebracht.
Wieso will die Landeskirche nun also ein eigenes Netz aufbauen, statt weiter die Zusammenarbeit mit Freifunk zu suchen? Grund ist der Wunsch, über die godspots auch christliche Inhalte zu verbreiten, so Fabian Kraetschmer, der IT-Chef der Kirchen. Wer sich über einen godspot einwählt, bekomme auf einer landing page zum Beispiel Informationen über die Kirchenarchitektur oder „leicht verdauliche christliche Inhalte“ anzeigt.
Wie frei ist ein christliches WLan?
Die Initiative sei generell begrüßenswert, sagt Monic Meisel von Freifunk Berlin gegenüber detektor.fm. „Es ist toll, wenn viele gesellschaftliche Akteure sich für ein offen zugängliches Internet einsetzen.“ Dass jedem Nutzer christliche Inhalte angezeigt würden, sei aber nicht mit dem Neutralitätsgebot der Organisation vereinbar.
Ein Vorteil der von uns eingesetzten Mesh-Technologie ist es, dass die Infrastruktur beliebig erweiterbar ist. Jeder kann einen mit der Freifunk Software bespielten Router anschließen, so entsteht auch ein vom Internet unabhängiges gemeinschaftliches Netz. – Monic Meisel, Freifunk Berlin
Solche Möglichkeit bieten die godspots zur Zeit noch nicht – und sind damit nicht im Freifunk-Sinne offen.
Beide Seiten bekräftigen jedoch, dass man weiter die Zusammenarbeit suche. „Wir haben zwar jetzt ein eigenes Netz, unsere Kirchtürme stehen den Freifunkern aber immer noch offen“, so Kraetschmer von der evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg.
Mit christlichen hotspots, sogenannten godspots, will die Kirche Zugang zum Internet schaffen und das Evangelium verbreiten. Ist das ein moderner Ansatz oder eine verzweifelte Maßnahme? detektor.fm Moderatorin Anke Werner hat mit Fabian Kraetschmer, dem IT-Leiter der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, über das Projekt gesprochen.