Heute kann jeder zum Berichterstatter werden, auch ohne journalistischen Hintergrund. Blogs, Twitter, Facebook und Co. machen es möglich. Im Grunde ist das eine wünschenswerte Entwicklung, denn sie befördert den Meinungspluralismus. Davon lebt eine Demokratie.
Es gibt nicht mehr die klassischen Gatekeeper […], sondern jeder Produzent ist ein Konsument und umgekehrt. – Christian Schicha, Professor für Medienethik
Fake News – die heutigen Zeitungsenten?
Gefährlich wird es, wenn absichtlich Falschmeldungen gestreut werden. Fake News sollen nicht informieren, sondern manipulieren. Sie sollen Gehör finden und möglichst häufig geklickt werden.
Jede Meldung, die die normalen Seh-, Klick- und Hörgewohnheiten stört, führt zu Aufmerksamkeit. – Christian Schicha
Machtinteressen und ökonomisches Kalkül stecken hinter einer Vielzahl der professionell vermarkteten Falschmeldungen. In unserer Medienlandschaft haben sich hohe Standards etabliert, um eine wahrheitsgemäße Berichterstattung zu gewährleisten. Informationen müssen akribisch geprüft, Quellen nachgwiesen und Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Im Grunde ist das eine Selbstverständlichkeit.
Politik, soziale Netzwerke und Zivilgesellschaft
Doch wie geht man mit Berichterstattung um, deren Urheber keinen Wert auf diese Grundsätze legen? Die Sorge in der Politik vor einer Einflussnahme durch gezielte Desinformation wächst. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat angekündigt, im Kampf gegen Fake News werde man bestehende Gesetze konsequent anwenden und, wo nötig, nachbessern.
Neben dem Problem für die Politik ergibt sich auch für die Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter die Frage: Wie geht man mit den gezielten Falschmeldungen um? „Wir wollen selbst keine Schiedsrichter der Wahrheit sein, sondern uns auf unsere Community und vertrauenswürdige Dritte verlassen“, teilt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in einer Stellungnahme mit. Dass es damit nicht getan ist, erkennt auch Zuckerberg und stellt deshalb technische Weiterentwicklungen in Aussicht. Es wird an Algorithmen gearbeitet, die zuverlässig Falschmeldungen identifizieren.
Fake News löschen, das ist eine naheliegende Idee. Man muss sich jedoch nicht nur fragen, wie man Nutzer vor Falschmeldungen schützt, sondern auch: Wieso können oder wollen viele Menschen heute nicht mehr zwischen einer Falschmeldung und einer fundierten Berichterstattung unterscheiden?
Was macht den Reiz von Fake News aus? Welche Verantwortung tragen soziale Netzwerke? Was kann digitale Bildung leisten? Darüber hat detektor.fm-Moderatorin Marie Landes mit Christian Schicha gesprochen. Er ist Professor für Medienethik an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Redaktion: Luis Hautzinger