Martin Walser, Heinrich Böll, Günter Grass, Hans Magnus Enzensberger. Dies sind nur ein paar der Autoren, die sich in den 1960er Jahren für politische Themen starkgemacht haben. Sie haben sich gegen Kapitalismus, Imperialismus und Militarismus eingesetzt. Die Trennung von Literatur und Politik in den 1950ern war aufgehoben. Durch die neuen Formen des Terrorismus Ende der 1960er hat sich die Literatur wieder entpolitisiert und ist es bis heute größtenteils geblieben.
„Repolitisierung der intellektuellen Klasse“
Eine junge Gruppe von Schriftstellern wagt sich nun wieder an ein politisches Thema und bezieht Stellung. Auslöser ist die NSA-Affäre, die Schriftstellerin Juli Zeh dazu bewegt hat, einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin zu verfassen. Darin schreibt sie, dass der „gläserne Mensch“ Wirklichkeit geworden sei, und fordert die Bundesregierung auf, die Bürger vor der Ausspähung zu schützen. Der Brief ist inzwischen zu einer Petition geworden und konnte schon über 68.000 Unterschriften sammeln, darunter eine ganze Riege namhafter deutscher Autoren, wie Eva Menasse, Julia Franck, Moritz Rinke oder Nora Bossong.
„Der Marsch zum Kanzleramt“
Heute ist der Brief nun mit den gesammelten Unterschriften im Bundeskanzleramt übergeben worden. Juli Zeh sieht die NSA-Affäre als ein Thema, bei dem sich die intellektuelle Klasse wieder „repolitisiert“. Doch ist die Literatur heute tatsächlich unpolitisch? Oder ist die politische Stellungnahme nur erstmals wieder öffentlich und offensichtlich?
Die Dichterin, Prosaautorin und Essayistin Ulrike Draesner ist eine der Unterzeichnerinnen der Petition und auch beim „Marsch aufs Kanzleramt“ beteiligt gewesen. Im Interview mit detektor.fm erzählt sie, warum die Initiative gegen die NSA-Überwachung von Schriftstellern ausging und warum die heutige Literatur durchaus politisch ist.
Mir wird ganz übel, wenn ich mir vorstelle, wie man Dinge auslegen kann. – Ulrike Draesner, Schriftstellerin