Crowdfunding als politisches Engagement
Das Prinzip der Schwarmfinanzierung ist oft: Alles oder Nichts. Nur wenn der Zielbetrag tatsächlich zusammenkommt, wird das Projekt finanziert und das Geld an den Spender überwiesen. Zuletzt hat die Idee des Briten Thom Feeney für Aufmerksamkeit gesorgt: Per Schwarmfinanzierung wollte er die Schulden Griechenlands in Höhe von 1,6 Milliarden begleichen.
Das Projekt ist zwar vorzeitig beendet worden, doch die Aufmerksamkeit der sozialen Netzwerke und Medien war groß. Außerdem beteiligten sich über 100.000 Personen innerhalb von acht Tagen an dem Projekt und spendeten im Schnitt gut zwanzig Euro.
Auch ohne dass ein einziger Cent geflossen ist: Es zeigt, dass es Bürger nicht nur den Politikern überlassen wollen, eine Lösung zu finden. – Karsten Wenzlaff, Crowdfunding-Experte
Slacktivism: Ein gutes Gefühl per Klick?
Mit dem Begriff „Slacktivsmus“ bemängeln Kritiker, dass es sich im Internet eher um einen „faulen Aktivismus“ handele. Online-Petitionen, virale Kampagnen und Crowdfunding würden wenig ändern. Im Fall vom Griechenland-Crowdfunding hieße das: Die Aktion sorgt zwar für viel Aufmerksamkeit, doch letztendlich kommt die Finanzierung nicht zu stande und kein Euro in Griechenland an.
Thom Feeney will jetzt zeigen, dass es ihm mit seinem Engagement für Griechenland ernst ist. Er hat zusammen mit einer griechischen Non-Profit-Organisation ein neues Crowdfunding erstellt, dieses Mal mit dem Ziel von einer Million Euro und flexibler Finanzierung: Das heißt, jeder Euro fließt auch tatsächlich. „Lasst mich jetzt nicht im Stich“, schreibt er. Nun können die Unterstützer der letzten Kampagne zeigen, dass es auch ihnen ernst ist.
Modell mit Zukunft in der Politik?
In der deutschen Politik spielt Crowdfunding keine Rolle. Die Parteien sind in Deutschland finanziell gut aufgestellt. Im Gegensatz zu den USA lohnt es sich für einzelne Politiker nicht, eigene Mittel für den Wahlkampf aufzutreiben. Denkbar wäre jedoch eine Beteiligung der Bürger über Crowdfunding-Aktionen, wie in Portugal. Dort hat der Bürgermeister von Lissabon vor allem die junge Zielgruppe über die Crowdfunding-Plattform eingebunden.
Im Gegensatz zum Klicktivismus bei Facebook und Twitter kann Crowdfunding wirklich ein Mittel der politischen Beteiligung sein. – Karsten Wenzlaff, Crowdfunding-Experte
Wie politisch ist Crowdfunding? Darüber hat detektor.fm-Moderatorin Teresa Nehm mit Karsten Wenzlaff gesprochen. Er ist Geschäftsführer des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien (ikosom) und Crowdfunding-Kenner.
Redaktion: Sandro Schroeder