Fortschrittliche Technologie, überholtes Frauenbild
Sprachassistenten werden in Deutschland immer beliebter. Laut einer Studie der Postbank nutzt mittlerweile fast die Hälfte der Deutschen die digitalen Gehilfen – Tendenz steigend. Doch mit Alexa, Siri, Cortana und Co. ziehen auch überholt geglaubte Geschlechterstereotype in hiesige Wohnzimmer ein.
Denn die meisten der stets höflichen und hilfsbereiten Assistenten sind als weibliche Persönlichkeiten konzipiert. Nicht nur haben die beliebtesten Sprachassistenten allesamt weiblich konnotierte Namen, sondern sie sprechen in den meisten Fällen auch mit weiblicher Stimme.
I’d blush if I could
Dass einige Sprachassistenten selbst auf sexistische Beleidigungen noch verlegen bis flirtend reagieren, hat bereits die UNESCO zu eindringlicher Kritik veranlasst. In einem umfangreichen Bericht kritisiert sie das Frauenbild, das damit vermittelt wird und warnt davor, dass sexistische Vorurteile in neue Technologien einprogrammiert und so gefestigt werden.
Viele Hersteller haben an einigen Stellen mittlerweile nachgebessert. Auf sexistische Beschimpfungen gehen die meisten Sprachassistenten inzwischen nicht mehr ein. Und bei fast allen der digitalen Assistenten können die Nutzer und Nutzerinnen mittlerweile zwischen einer weiblichen und einer männlichen Stimme wählen, auch wenn die weibliche Stimme in der Regel voreingestellt bleibt.
Sexistische KI
Doch das eigentliche Problem liegt deutlich tiefer und betrifft nicht nur Sprachassistenten. Künstliche Intelligenzen sind im allgemeinen anfällig für Diskriminierung und die Benachteiligung von bestimmten Gruppen. Denn diese werden mit Datensätzen gespeist, die von Menschen stammen und daher bereits mit bestimmten Tendenzen und Vorurteilen belastet sind. Auch dass nur etwa ein Viertel der KI-Fachkräfte weltweit weiblich sind, verstärkt das Problem noch.
Warum Sprachassistenten so oft mit weiblichen Persönlichkeiten ausgestattet werden und welche Gefahren das birgt, darüber spricht detektor.fm-Moderator Yannic Köhler mit Natalie Sontopski, vom Komplexlabor Digitale Kultur und Corinna Bath von der TU Braunschweig. Wie ein Sprachassistent aussehen könnte, der keine überholten Geschlechterklischees reproduziert, das bespricht er mit Emil Asmussen, der mit „Q“ den ersten geschlechtsneutralen Sprachassistenten mitentwickelt hat.