Homosexuelle als Straftäter
Der 11. Juni 1994 ist ein besonderer Tag für Homosexuelle. Damals schaffte der Bundestag Paragraf 175 endgültig ab und legalisierte die Homosexualität. Doch bis zu diesem Tag war das Leben für Homosexuelle in Deutschland nicht einfach. 64.000 Menschen sind wegen gleichgeschlechtlicher Liebe verurteilt worden. Zwar wurde der sogenannte „Schwulen-Paragraf“ nach und nach gelockert, doch das grundsätzliche Verbot blieb bestehen.
Mal wurde das Mindestalter auf 21 Jahre gesetzt, wenige Jahre später dann auf 18 Jahre. Ab diesem Alter war es keine Straftat mehr, gleichgeschlechtlich zu lieben. Jugendliche, die ihre homosexuelle Neigung ausleben wollten, konnten das aber immer noch nicht tun. Und: Rechtliche Gleichstellung bedeutet nicht gleich gesellschaftliche Toleranz, auch heute noch nicht.
Einer der größten Aktivisten für rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz war und ist Manfred Bruns. Er ist selbst homosexuell und war Bundesanwalt in jener Zeit, in der der Paragraf 175 galt. Jahrzehntelang hat sich Bruns für die Rechte von Schwulen und Lesben eingesetzt. Für ihn war der Weg zum Coming-Out ein steiniger. Erst in den Achtzigern konnte der damalige Familienvater von drei Kindern sich überwinden, seine Sexualität auszuleben.
Die gesellschaftliche Diskriminierung ist fortgesetzt worden. – Helmut Metzner, Vorstandsmitglied des deutschen Lesben- und Schwulenverbands (LSVD)
Toleranz im Alltag steigt
Heutzutage ist die Situation eine andere, auch gesellschaftlich. Laut der Sozialpsychologin Melanie Steffens von der Universität Koblenz-Landau steigt die Toleranz, wenn Arbeitskollegen oder Nachbarn homosexuell sind. Komme man jedoch auf die eigenen Kinder zu sprechen, würden viele Vorbehalte wieder auftauchen. Von diesen kann auch Bruns erzählen, der nach seinem Bekenntnis als Homosexueller nicht mehr von Kollegen gegrüßt wurde oder dem Mittagstisch fernbleiben sollte.
Wie das Leben vor 1994 als Homosexueller war und wie die Situation heute ist, darüber spricht detektor.fm-Moderator Philipp Weimar mit Helmut Metzner vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD).
Redaktion: Frederik Trautmann