Mit oder ohne Ritalin?
Bisher bekamen nur Kinder mit schwer ausgeprägtem ADHS Medikamente. Für alle anderen war eine Verhaltenstherapie vorgesehen. Eine neue Leitlinie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, soll das nun ändern. Demnach sollen Kinder auch dann Medikamente bekommen, wenn die Krankheit nur mittelschwer ausgeprägt ist.
Dabei ist die Behandlung von ADHS sehr umstritten. Einige Experten zweifeln an der Wirkung des häufig eingesetzten Ritalins.
Nur in seltenen Fällen kann eine Ritalinbehandlung zusätzlich hilfreich sein. Nur drei Prozent der Kinder, die Ritalin nehmen, profitieren auch nachhaltig davon. – Pascal Rudin, Generalsekretär der Konferenz ADHS
Pharmazeutiker schreiben Medikamenten jedoch eine wichtige Rolle in der Behandlung zu.
Das Problem: Die ADHS-Diagnose
ADHS ist die am häufigsten diagnostizierte psychische Krankheit bei Kindern. Allerdings warnen Kritiker seit Jahren vor einer zu schnellen Diagnose. Ärzte würden zu undifferenziert vorgehen.
Die Diagnostik ist oft sehr medizinisch und auf die Bewertung der Verhaltensmuster bzw. auf biologische Marker verkürzt. Das ist aber weit davon entfernt, eine ADHS diagnostizieren zu können. – Pascal Rudin
Denn es fehle die psychosoziale Komponente, so Rudin. Kinder lernen, dass sie Medikamente brauchen, weil sie selbst nichts ändern könnten. Dabei können pädagogische Interventionen helfen, bestimmte Verhaltensmuster zu verändern. Diese Chance werde mit dem Medikament genommen.
Befürworter der neuen Leitlinie verweisen allerdings auf die USA und Großbritannien. Dort wird eine medikamentöse Therapie unabhängig vom Schweregrad der ADHS eingesetzt.
Achtung, Nebenwirkung!
Wenn Ritalin zu schnell verschrieben wird, kann das gesundheitliche Folgen für die Kinder haben. Denn das Medikament hat viele Nebenwirkungen: Sie reichen von Einschlafstörungen über Kopf- und Bauchschmerzen bis hin zu schweren depressiven Verstimmungen.
Pascal Rudin ist Repräsentant der Sozialen Arbeit bei den Vereinten Nationen. Mit detektor.fm-Moderatorin Carina Fron spricht er über ADHS und die Risiken der Behandlung.
Redaktion: Helena Schmidt