Deutschtürken: Zwischen den Stühlen
Wenn die Regierungen in Berlin und Ankara streiten, sitzen sie zwischen den Stühlen: Etwa drei Millionen Menschen in Deutschland haben Wurzeln in der Türkei. Die gegenseitige Kritik beider Länder wird immer lauter und die diplomatischen Beziehungen werden schwieriger.
Ein wichtiger Streitpunkt war das türkische Referendum im Frühjahr. Im April 2017 stimmte die Türkei in einem umstrittenen Referendum über eine Verfassungsänderung ab. Zuvor reisten türkische Politiker auch nach Deutschland, um hier Wahlkampf zu machen. Mehrere Veranstaltungen wurden untersagt. Daraufhin warf Erdogan deutschen Politikern vor, „Nazi-Methoden“ anzuwenden.
Großes Echo
Mehr als 400.000 Türken haben in Deutschland für ein Präsidialsystem gestimmt. In deutschen Medien gab es eine Diskussion darüber, warum es bei den türkischen Wählern in Deutschland mehr Zustimmung für Erdogans Präsidialsystem gab als in der Türkei selbst. CDU und AfD machten daraufhin die doppelte Staatsbürgerschaft zum Wahlkampfthema.
Wie wirkt sich der Konflikt aus?
Wie Menschen mit türkischem Migrationshintergrund über die deutsch-türkischen Beziehungen denken, dazu hat es bisher keine belastbaren Zahlen gegeben. Das Meinungsforschungsinstitut „Data 4U“ hat nun im Auftrag von Panorama – die Reporter (NDR) eine Umfrage durchgeführt. Das Ergebnis: eine Mehrheit sagt, das Verhältnis zu den Deutschen habe sich verschlechtert. Nur etwa 29 Prozent unterstützen Erdogans harten politischen Kurs seit dem Putsch. Aber 44 Prozent halten die deutsche Kritik an Erdogan für ungerecht.
Ich habe keine Angst, dass die Integration kaputtgemacht wird. Denn wir haben das friedliche Zusammenleben bereits zerstört. Wir müssen mehr miteinander sprechen, damit ein neues Wir-Gefühl entstehen kann. – Kazim Erdogan, Soziologe
Was sich Deutschtürken von der Bundesregierung wünschen, darüber hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit dem Psychologen und Soziologen Kazim Erdogan gesprochen.
Redaktion: Marlene Brey