Divers: Der dritte Geschlechtseintrag für Intersexuelle
Laut Bundesregierung leben circa 160 000 intersexuelle Menschen in Deutschland. Intersexuell bedeutet, dass Chromosomen, Hormone, die inneren oder die äußeren Geschlechtsorgane nicht eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeordnet werden können. Lange Zeit konnte man im Geburtenregister aber nur entweder „männlich“ oder „weiblich“ ankreuzen. Seit dem 1. Januar 2019 ist es nun möglich, das Geschlecht „divers“ eintragen zu lassen.
Wenig genutztes Angebot
Doch die Bilanz nach einem halben Jahr ist nicht besonders berauschend. Viele haben die neue Möglichkeit noch gar nicht wahrgenommen. Nach Angaben der Tagesschau haben 250 Menschen den Personenstand von „männlich“ auf „weiblich“ oder umgekehrt geändert. Nur 69 Intersexuelle haben sich als „divers“ eintragen lassen.
Viele Standesämter nehmen keine Ummeldungen vor, weil sie selbst nicht wissen, wie sie mit den Anträgen umgehen sollen. Da gibt es eine große Rechtsunsicherheit. – Moritz Prasse, Pressesprecher bei der Kampagne „Dritte Option“
Das Gesetz in der Kritik
Schnell zum Standesamt, Haken setzen und man ist als „divers“ registriert – so leicht ist es leider nicht. Denn für eine Umtragung ist ein ärztliches Attest nötig, das die Intersexualität bescheinigt. Dieser Umstand wird stark kritisiert. Denn die eigene Selbstwahrnehmung wird dadurch ganz ausgeklammert.
Das Gesetz klammert ein weiteres umstrittenes Thema aus: den Umgang mit Genitaloperationen bei Kindern. Nach wie vor dürfen Eltern ihre intersexuellen Kinder nach der Geburt einer geschlechtsanpassenden Operation unterziehen. Jährlich werden etwa 2 000 Operationen durchgeführt.
Es gibt Länder, die mittlerweile ein OP-Verbot haben, das sollte Deutschland auch ganz dringend umsetzen. – Moritz Prasse
Über die dritte Option im Gesetz hat detektor.fm-Redakteur Max Koterba mit Moritz Prasse gesprochen. Er ist Pressesprecher der Kampagne „Dritte Option“, die sich aktiv für die Gesetzesänderung eingesetzt hat.
Redaktion: Leora Koch