Mary Scherpe ist 32 Jahre alt, lebt in Berlin und bloggt. Lange Zeit vor allem über Mode, über Menschen, die Mode machen und tragen, über Essen, über Reisen, über gutes Leben – alles auf stilinberlin.de.
Dann tritt ein Stalker in ihr Leben. Oder eigentlich: Er war wohl vorher schon in ihrem Leben und verwandelt sich, wahrscheinlich von einem Ex-Freund in einen Stalker. Gesichert ist das aber nicht. Was sicher ist: Irgendjemand macht Mary ab 2012 das Leben schwer. Mit Twitter-Accounts in ihrem Namen, Telefon- und SMS-Terror und schließlich auch: Postsendungen. Unmengen von Postsendungen: Teppichmuster, Schwangerschaftsinfomaterial, Babyartikel – was man kostenlos im Netz bestellen kann, schickt der Stalker zu Mary nach Hause.
Blog, Buch, Ruhe?
Mary beginnt, auch darüber zu bloggen . Der Blog und die Taten des Stalkers gehen von da an eine dynamische Beziehung ein. Mal stacheln die Veröffentlichungen den Stalker an, mal nicht. Mal bringt es was, mit der Polizei zu drohen – und er zieht sich zeitweise zurück. Mal eben genau nicht.
2014 dann schreibt und veröffentlicht Mary ein Buch über „ihren“ Stalker. Seitdem hat sie Ruhe vor ihm.
Damit er oder zumindest andere irgendwann für ihre Taten rechtlich belangt werden können, startet Mary eine Petition. Mehr als 80.000 Unterschriften sammelt sie online, die sie Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) übergibt. Ihr Ziel: Maas soll sich dafür einsetzen, den Stalkingparagraphen im Strafgesetzbuch zu ändern – von einem Erfolgs- zu einem Eignungsdelikt. Die Folge: strafbar wäre dann schon alles, was auch nur geeignet ist, das Leben schwerwiegend zu beeinträchtigen.
Mary Scherpe hat uns zu sich in ihr Büro eingeladen, um mit uns zu reden: über die Auswirkungen, die Stalking auf das Leben der Opfer hat, über die Ohnmacht der Polizei und die Wichtigkeit von Empathie.
Redaktion: Dominik Schottner