Wer kennt sie nicht: die Bilder, auf denen Frauen, bewaffnet mit Eimer, Schaufel und Kittelschürze die Trümmer des Zweiten Weltkrieges aufräumen? Die sogenannten Trümmerfrauen sind ein Symbol der deutschen Nachkriegszeit. In vielen Städten ist für sie sogar ein Denkmal errichtet. Warum auch nicht? Schließlich haben Trümmerfrauen doch maßgeblich zum Wiederaufbau der Bundesrepublik beigetragen. Zumindest ist das in unseren Geschichtsbüchern nachzulesen. Doch stimmt das so?
Ein Mythos stirbt
Die Sozialhistorikerin Leonie Treber sagt: Nein. Die zu Heldinnen der Nachkriegszeit hochstilisierten Trümmerfrauen soll es so nicht gegeben haben. Vielmehr seien sie nur ein arrangierter Mythos, der sich bis heute in den Köpfen gehalten hat. Tatsächlich sollen die meisten bekannten Bilder von Frauen zwischen Schuttbergen inszeniert worden sein. Auch seien die meisten Frauen gar nicht freiwillig zu den Aufräumarbeiten gekommen. So wurden nach Trebers Erkenntnissen vor allem die Berliner Trümmerfrauen mit zusätzlichen Lebensmittelmarken gelockt.
Wer, wenn nicht die Trümmerfrauen?
Ganz wird Leonie Treber das Bild der selbstlosen und tatkräftigen Trümmerfrau nicht aus der Welt räumen können. Schließlich es hat sie gegeben. Nur eben nicht in dem Ausmaß, wie es uns der Unterricht in der Schule und unzählige Dokumentationen weißmachen wollen. Tatsache ist, dass in Berlin und in einigen Städten der sowjetischen Besatzungszone überwiegend Frauen die Kriegstrümmer beseitigten. Vor allem in der späteren DDR avancierte die Trümmerfrau zum Vorbild. In den meisten westdeutschen Städten sollen laut der Sozialhistorikerin jedoch überwiegend Baufirmen für die Arbeiten eingesetzt worden sein.
Ob Leonie Trebers Dissertation „Mythos Trümmerfrauen“ die Geschichtsbücher verändern wird, darüber hat Alexander Hertel mit ihr gesprochen. Die Sozialhistorikerin arbeitet als Referentin an der Universität Darmstadt.
Redaktion: Marie-Kristin Landes