Richter fordern drittes Geschlecht
Neben männlich und weiblich soll es künftig noch ein drittes Geschlecht im Geburtenregister geben. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwochmorgen entschieden. Wichtig ist diese Entscheidung deshalb, weil nun auch Menschen ihre Geschlechtsidentität vor dem Gesetz auszudrücken können, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen können oder möchten. Im Moment gibt es im Geburtenregister nur die Möglichkeiten „männlich“ oder „weiblich“. Wer sich nicht entscheiden möchte, lässt die Angabe frei. Das ist seit 2013 möglich. Doch diese Regelung richtet sich nur an Neugeborene und enthält Lücken.
Das würde immer ein Zwangs-Coming-Out dieses neugeborenen Kindes als intergeschlechtliches Kind bedeuten und steht erwachsenen Menschen nicht zur Verfügung. – Leo Yannick Wild, Verein TransInterQueer
Bis Ende 2018 muss der Gesetzgeber nun eine Neuregelung schaffen. Diese soll neben der Einteilung in „männlich“ und „weiblich“ auch ein drittes Geschlecht beinhalten. Die Leerstelle, die bisher im Geburtenregister vorhanden ist, bekommt dadurch einen Namen: Zum Beispiel „inter“ oder „divers“.
Wie sieht es in anderen Ländern aus?
Andere Länder haben solche Änderungen bereits vorgenommen. In Australien, Indien oder Nepal können Trans- oder Intersexuelle die Angabe „intersex“ oder „other“ machen. In Argentinien können Erwachsene seit ein paar Jahren ihren Vornamen, ihr Geschlecht und ihr Foto im Ausweis ändern – ohne medizinische oder psychologische Gutachten.
Welchen Eintrag eine Person in ihrem Ausweis stehen hat, nimmt ja auf das alltägliche Leben überhaupt keinen Einfluss. Da wird außer einer bürokratischen Hürde nichts weggenommen. – Leo Yannick Wild, TransInterQueer
Wie geht es weiter?
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann sich künftig auch auf andere Bereiche auswirken, in denen die Definition von Geschlecht eine Rolle spielt, zum Beispiel im Familienrecht oder beim Ehegattensplitting. Dass das Urteil vor den Koalitionsverhandlungen gefällt wurde, bietet für Trans- und Intersexuelle eine Chance.
Gerade für nicht-binäre Trans- und Inter-Menschen schafft das die Möglichkeit, rechtlich abgebildet zu sein und nicht unsichtbar gemacht zu werden. – Leo Yannick Wild
Über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für ein drittes Geschlecht hat detektor.fm-Moderator Christian Bollert mit Leo Yannick Wild vom Verein TransInterQueer gesprochen.
Redaktion: Laura Almanza