In einem Altbau mitten in Warschau arbeitet Piotr Godzisz. Er wirkt stolz auf das Büro, in dem überall alte Plakatkampagnen hängen. „Gegen Homophobie“ steht auf einem. Ein anderes wirbt für mehr Toleranz für LGBT in Polen. Piotr arbeitet für die Hilfsorganisation Lambda Warschau. Sie ist die älteste und größte Organisation, die sich für LGBT in Polen einsetzt. Eigentlich sind LGBT in Polen geschützt, „allerdings nur so viel, wie von der EU vorgeschrieben wird. Das reicht leider nicht“, sagt Piotr.
Kaum Schutz
Das Problem ist, dass LGBT-Menschen in Polen nicht als Minderheit anerkannt werden. Das bedeutet, dass bei einer Attacke oder einer Belästigung keine hohe Strafe droht. Anders ist das zum Beispiel bei rassistischen oder fremdenfeindlichen Übergriffen.
Sagen wir, du bist eine Transgenderfrau. Stell dir vor, du wirst geschlagen oder bespuckt. Dann musst du den Täter selber ausfindig machen und anzeigen. So etwas passiert dir aber jeden Tag, dann kannst du nicht gegen jeden Täter vorgehen. Das wäre ein Vollzeitjob. – Piotr Godzisz, Lambda Warschau
Viele werden depressiv
Wie schlimm die Zustände sind, zeigt eine aktuelle Untersuchung von der Kampagne gegen Homophobie (KPH). Der Verein führt alle fünf Jahre eine umfangreiche Befragung unter LGBT-Menschen in Polen durch. Magdalena Swider ist Psychologin und hat an der Befragung mitgearbeitet. Sie erklärt, dass 70 Prozent der LGBT-Menschen in Polen in einem Zeitraum von zwei Jahren Gewalt erlebt haben. Angezeigt werden solche Übergriffe allerdings nur sehr selten.
Wir haben wirklich gehofft, dass es besser wird. Aber wir sehen jetzt, dass sich im Bereich Diskriminierung und Gewalt nichts verbessert hat. Dagegen können wir nicht viel machen. – Magdalena Swider, Kampagne gegen Homophobie
Wie leben LGBT in Polen? detektor.fm-Reporter Lars-Hendrik Setz hat mit Menschen in Warschau über das Phänomen gesprochen.