Horizontale Deutungshoheit
Viele Menschen würden vermutlich unterschreiben, dass Sex Privatsache ist. Zugleich ist der Umgang mit ihm aber auch eine Erziehungsfrage. Und deshalb ein Thema, mit dem sich eine Gesellschaft auseinandersetzen muss. Denn was „normaler“ Sex ist, muss erst einmal definiert werden. Und dabei geht es um weit mehr als nur um Stellungen und Stimulationen.
Körperideale, der Umgang mit dem Geschlechtspartner, das Entdecken eigener Vorlieben – auf all das hat in unserer Gesellschaft vor allem die Internetpornographie einen großen Einfluss. Untersuchungen belegen, dass Porno-Seiten heute zu den ersten Anlaufstellen für Jugendliche und ihre Fragen zählen.
Eine andere Gesellschaft – feministische Pornos sei Dank.
Dadurch werden YouPorn & Co zu „Volksaufklärern“ und prägen die Vorstellung von Normalität im Schlafzimmer. Aber auch darüber hinaus haben sie einen Einfluss auf ihre Zuschauer: Wann ist der Mann ein Mann, wann die Frau eine Frau? Für viele Menschen entscheidet sich das nicht zuletzt im Bett. Von dort werden Ideale und Normen in die Gesellschaft getragen und beeinflussen Selbstverständnis und Umgang der Geschlechter miteinander.
Internet-Porno ist die Hauptquelle für Informationen darüber, wie Sex überhaupt abläuft. […] Und so hat dieser Mainstream-Porno einen riesigen Einfluss darauf, was Jugendliche glauben, wie Sex funktioniert, wie man kommuniziert. Oder eben auch nicht. – Ferike Thom, Vorsitzende der Jusos Berlin-Pankow
Hier setzt ein Antrag der Berliner Jusos an, der nun vom dortigen Landesparteitag angenommen wurde: Sie fordern staatliche Subventionen für feministische Pornos über die Rundfunkgebühren. Vorgeschlagen wird unter anderem eine öffentlich-rechtliche Mediathek mit feministischen Pornofilmen nach schwedischem Vorbild.
detektor.fm-Moderator Lars-Hendrik Setz hat mit der Antragsinitiatorin Ferike Thom von den Berliner Jusos über feministische Pornos und ihr gesellschaftliches Potenzial gesprochen.
Redaktion: Johannes Schmidt