Eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag lässt aufhorchen. Denn die Antwort der Bundesregierung brachte ans Licht, dass es im vergangenen Jahr 150 Übergriffe auf Flüchtlingsheime in Deutschland gab. Besonders erschreckend: Die Übergriffe haben nicht nur zugenommen, sondern sich im Vergleich zu 2013 sogar verdreifacht.
Zahlreiche Politiker zeigten sich angesichts dieser Entwicklung entsetzt. Schnell suchten sie nach einem Schuldigen – und wollten ihn in Pegida gefunden haben. Ebenso kündigte Bundesjustizminister Heiko Maas ein entschiedenes Vorgehen gegen die Täter an.
Absehbare Entwicklung?
Viele der Opferberatungsstellen in den Bundesländern beobachten schon länger eine Zunahme rassistisch-motivierter Gewalttaten – und registrieren eine veränderte Stimmung. Sie kümmern sich nicht nur um die Betreuung der Opfer von Rassismus, sondern erheben häufig zusätzlich zu den Statistiken der Polizei eigene Zahlen. Allerdings schlüsseln sie ihre Zahlen nicht immer nach Übergriffen auf Flüchtlingsheimen oder auf öffentlichen Plätzen auf.
Etwas ablesen sich aus den Statistiken der Opferberatungsstellen trotzdem: Rassistisch-motivierte Gewalttaten nehmen nicht erst seit dem Aufkommen der Pegida-Bewegung zu. Auf des Bundesgebiet verallgemeinern lassen sich die Statistiken der Opferberatungsstellen jedoch nicht. Das Problem: Die große Diskrepanz zwischen Ost und West.
Während es in den neuen Bundesländer schon sehr lange Opferberatungsstellen gibt, fördern die alten Bundesländer Einrichtungen wie diese erst seit wenigen Jahren. Ihre Strukturen sind noch im Aufbau. Die meisten Mitarbeiter sind nur ehrenamtlich tätig.
Mitunter sind sie auch direkt an die Innenministerien angedockt, was viele an den Zahlen von dort zweifeln lässt. So führen Opferberatungsstellen in Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Brandenburg sehr ausführliche und eigene Statistiken, während für Nordrhein-Westfalen oder Bremen kaum konkreten Zahlen vorliegen.
Alltagsrassisten vs. organisierte Rechte
Trotz der Unterschiede ist sich ein Großteil der Opferberatungsstellen einig darin, dass Ressentiments gegen Migranten und Flüchtlinge zunehmen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Während einige Stellen über eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung berichten, aus der heraus Ängste vor Flüchtlingsheimen in der Nachbarschaft entstehen, berichten andere von einem Umkippen der Stimmung.
Die Pegida-Bewegung und der Einzug der teilweise rechts-populistischen AfD in die Landtage sorge für die Wahrnehmung, dass Fremdenfeindlichkeit offener in den gesellschaftlichen Diskurs einziehe.
Welche Hintergründe sich hinter der gestiegenden Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime verbergen, darüber hat Moderatorin Maj Schweigler mit detektor.fm-Reporterin Marie-Kristin Landes gesprochen. Sie hat mit verschiedenen Opferberatungsstellen im Land gesprochen und sich die Statistiken einmal näher angesehen.
Redaktion: Marie-Kristin Landes