Toleranz gegen Patriotismus
Beim Jahrestag der islamfeindlichen Legida-Demonstrationen ist es in Leipzig zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Während ca. 3.400 Legida-Anhänger gegen „Sex-Dschihadisten“ demonstrierten, bildeten etwa 3.000 Gegendemonstranten eine Lichterkette unter dem Motto: „Leipzig bleibt helle!“ Doch die Gewalt, die dank des Polizeiaufgebots bei den innerstädtischen Demonstrationen unterbunden werden konnte, hat sich dann im Süden der Innenstadt entfesselt.
Vermummte rechtsextreme Hooligans haben im linksalternativen Stadtteil Connewitz Scheiben eines ganzen Straßenzuges zerstört. Einige bezeichnen die gewalttätigen Ausschreitungen der Rechtsextremen als „Straßenterror„.
Die Spirale der Gewalt
Ungefähr 250 Personen haben sich an der Randale im Stadtteil Connewitz beteiligt. Erhebliche Sachschäden in Bars und Clubs, brennende Mülltonnen und Fahrzeuge, sowie fünf verletzte Polizisten. Das ist die traurige Bilanz des Legida-Jahrestages außerhalb der innerstädtischen Kundgebungen. 211 Personen konnten festgenommen werden. Sie sind der Polizei zum großen Teil als rechtsmotiviert bekannt gewesen, viele sind bereits als Hooligans straffällig geworden.
Aber auch Vertreter des linksautonomen Spektrums mischten bei den Ausschreitungen am Abend mit. So berichtet die sächsische Polizei von Personen, die einen Wagen mit Festgenommenen angriffen und beschädigten.
Damit bleibt Leipzig aber nicht die einzige Stadt, die durch extremistische Ausschreitungen in den letzten Tagen Schlagzeilen machte: Auch in Potsdam und Köln kam es zu massiven Ausschreitungen.
Der aggressive Protest fand zuvor in der Neonazi-Demonstration vom 12. Dezember in Leipzig seinen Höhepunkt. Das links- und rechtsextremistische Lager bildet erneut verhärtete Fronten.
Eine neue Polarisierung von Rechts und Links
Heute ist es so, dass sich Rechte, einschließliche rechte Gewalttäter, in einem Umfeld wohlfühlen, dass zwar da nicht unbedingt mitmacht. Aber doch irgendwie verhalten oder verhohlen nickt und sagt: Das können wir verstehen, was die da machen. Und das stärkt die Rechten ungemein.- Dieter Rucht, Protestforscher am WZB
Brennende Mülltonnen und Angriffe auf Asylbewerberheime sind kein neues Phänomen. Aktionen wie diese sind bereits aus den 90er Jahren bekannt.
Wie sich das Gewaltpotenzial in nächster Zeit entwickeln wird und wie man das Aggressionspotenzial unterbinden kann, hat detektor.fm Moderator Thibaud Schremser im Interview mit Protestforscher Dieter Rucht vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (WZB) erfahren.
Redaktion: Johanna Siegemund