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Die ganze Landwirtschaft – nicht das einzelne Lebensmittel – wird finanziert
Landwirte und Verbraucher finden sich bei der solidarischen Landwirtschaft zu einer verbindlichen Gemeinschaft zusammen. Das heißt: Der Bauer produziert ökologisch verantwortlich Obst und Gemüse. Die Kosten für diesen Anbau trägt die Verbrauchergruppe – jeden Monat, egal, wie viel gerade geerntet werden kann. Dafür bekommen sie von dem Erzeuger gute, regionale Ware der Saison. Oder anders ausgedrückt: Die Verbraucher zahlen regelmäßig Geld dafür, dass ein Bauer für sie anpflanzt.
Dabei hat nicht jeder Hof ein Bio-Siegel. Denn gemäß des Prinzips eines verantwortlichen Anbaus und der Nähe zum Erzeuger soll das nicht mehr notwendig sein.
Wie funktioniert das?
Jede Gemeinschaft nach dem Prinzip solidarischer Landwirtschaft funktioniert etwas anders. Die einzigen gemeinsamen Nenner aller Initiativen sind die Verbindlichkeit, mit der die Verbraucher Geld an den Erzeuger zahlen und er ihnen dafür Ware liefert als auch das regelmäßige Gespräch miteinander.
Es gibt also Gruppen, bei denen auch diese Kosten solidarisch umgelegt werden; jeder zahlt demnach, was er kann. Andere Initiativen haben einen festen Beitragssatz. In einigen Gruppen liefert der Landwirt aus, in anderen holen die Verbraucher das Obst und Gemüse direkt vom Hof ab. Wieder andere helfen auch bei der Ernte. Das regelt jede Gemeinschaft eigenverantwortlich, sagt Stephanie Wild vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft.
Wie viele machen mit?
Rund 70 Höfe sind in dem Netzwerk organisiert mit etwa 80 Verbrauchergruppen. Auf eine Initiative kommen durchschnittlich 90 Mitglieder. „Es gibt aber auch Beispiele wie den Buschberghof mit über 200, bei der Größe kann ein kleiner Familienbetrieb dann auch ausschließlich von der solidarischen Landwirtschaft leben“, erklärt Stephanie Wild. Andere Höfe und manche Einsteiger bieten ihre Ware auch noch dem regulären Markt an.
Wo gibt’s solidarische Landwirtschaft?
Es gibt flächendeckend Initiativen in Deutschland, besonders ausgeprägt in den Ballungszentren und mit einigen Lücken, zum Beispiel in Thüringen. Laut Stephanie Wild wächst die Bewegung inzwischen stetig. Mit viel Nachholbedarf – denn die Idee gibt es in anderen Ländern wie Japan schon seit über 30 Jahren.
Eine der Initiativen ist die „Sterngarten-Odyssee„. Simon Junge hat sie gegründet. Bei der Versorgungsgemeinschaft haben sich Berliner und inzwischen auch Potsdamer, Leipziger, Hallenser mit Bauernhöfen aus dem Umland zusammengetan. Zurzeit sind es 13 verschiedene Verbrauchergruppen mit insgesamt über 100 Mitgliedern. Sie zahlen monatlich 80 Euro pro Portion. Dafür bekommen sie so viel Obst, Gemüse und Saft, wie Ernte und Jahreszeit hergeben. Bei der Sterngarten-Odyssee holen die Verbraucher selbst die Ware ab, jede oder im Winter jede zweite Woche. Gelegentlich ernten sie dazu auch selbst. Simon Junge sieht es auch als soziales Projekt, bei dem die Verbraucher den Wert ihres Essens besser einschätzen lernen können. „Was Landwirtschaft bedeutet, dass versteht man nämlich erst dann, wenn man selbst auf den Knien über den Acker gerutscht ist.“
detektor.fm-Reporterin Insa van den Berg hat ihn getroffen.
Redaktion: Insa van den Berg