Was bespreche ich am Telefon? Was steht in den Briefen, die an mich geschickt werden? All das geht niemanden etwas an. Und auch der Staat darf nicht einfach mitlesen, nicht einfach mithören. So steht es im Grundgesetz. Damals noch festgeschrieben, als die Post und große Telekommunikationsunternehmen dem Bund gehörten. Es wäre ein Leichtes gewesen, in die Privatsphäre der Bürger einzutauchen.
Briefgeheimnis: öffnen verboten
Übrigens: Bei den Grundrechten handelt es sich stets um ein Abwehrrecht gegen den Staat. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass Privatpersonen einfach meine Post öffnen dürfen. Näheres dazu gibt’s im Strafgesetzbuch.
Heute ist die Lage eine andere. Man kann Standortdaten ermitteln und die digitale Kommunikation hat zugenommen. Mails, Instant Messenger, all das hat es vor 70 Jahren nicht gegeben. Und dennoch ist all das durch das Grundgesetz geschützt. Was natürlich nicht heißt, dass es keine Möglichkeiten für den Staat gibt, dennoch in das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis einzugreifen. Will er das jedoch tun, ist dies mit hohen Hürden verbunden. Es muss schon ein triftiger Grund vorliegen, der auch einer Rechtfertigung und Überprüfung standhält.
Ein Aspekt, der gerade im Bezug auf Artikel 10 des Grundgesetzes immer wieder diskutiert wird, ist die Vorratsdatenspeicherung. Ist sie nun zulässig, oder nicht? 2010 wurde sie in Teilen gekippt, sie sei nicht vereinbar mit dem Grundgesetz – zumindest nicht in der damaligen Form. 2015 dann ein neuer Versuch, die Vorratsdatenspeicherung kehrt zurück. Doch auch 2015 hagelte es Klagen von unterschiedlichen Seiten. Ein Urteil steht noch aus, die Vorratsdatenspeicherung wird deswegen derzeit nicht angewandt.
Nicht immer eindeutig
Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgericht, Hans-Jürgen Papier, urteilte in einem Beitrag in einer Fachzeitschrift 2012, dass „eine flächendeckende, vorsorgliche Erfassung und Speicherung von Daten, die praktisch alle Aktivitäten des Bürgers rekonstruierbar macht“, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Es sei aber auch „nicht ausgeschlossen, dass bei Wahrung spezifischer strenger Anforderungen eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung im Hinblick auf die Telekommunikationsverkehrsdaten mit der Verfassung vereinbar sein kann“.
Was alles mit Artikel 10 des Grundgesetzes vereinbar ist und was eigentlich alles unter das Briefgeheimnis fällt, darüber sprechen Hajo Schumacher und detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz. Justizministerin Katarina Barley hilft mit juristischem Fachwissen.
146 Artikel in einem Podcast – „In guter Verfassung„, der Grundgesetz-Podcast.
Gemeinsam mit Hajo Schumacher blättern wir uns durch und fragen Verfassungsexperten, was drin steht und was das für unseren Alltag bedeutet.